Sonntag, 7. Mai 2017

Für abwesende Freunde

Wenn es ein Thema gibt, das mir wirklich schwer fällt, dann ist das der Tod.

Okay, er gehört zum Leben und bisher hatte ich in meinen 58 Lebensjahren zum Glück, relativ wenig damit am Hut und wenn, dann hab ich es einfach ausgeblendet, nach dem Motto: "Wenn ich ihn nicht beachte, bemerkt der Tod mich nicht".

Im letzten Jahr haben wir uns darüber echauffiert, dass der Knochenmann sich an den Rocklegenden unserer Jugend mehr als einmal vergriffen hat - aber das waren abstrakte Fälle, die man registriert, sein Beileid bekundet und dann ist das Ganze wieder aus dem Sinn.

In den letzten Wochen schlägt der Sensenmann wieder vermehrt zu und diesmal greift er sich nicht unsere Jugendidole - jetzt kommen die Einschläge näher - erschreckend nahe, denn jetzt holt er sich einen Teil meiner realen Jugend, meines Lebens und da kann ich nicht mehr unbeteiligt tun.

Es begann vor einigen Wochen mit dem Tod von Brigitte Langbein, einer langjährigen Freundin mit der mich einige skurrile Jugenderinnerungen verbanden - etwa die, dass sie immer an Aldi-Teewurst denken musste, wenn wir uns trafen.
Der Grund hierfür war, dass wir intensiven Kontakt hatten, als ich 1977 meine erste eigene Bude hatte und es wirklich nur für meine Bücher und Brote mit Aldi-Teewurst reichte, wochenlang.
Oder die gemeinsame Besuche im Autokino - Brigitte mit ihrem damaligen Freund und ich mit einer ihrer Freundinnen, die sie an mich verkuppeln wollte. Versteht sich, dass ich bis heute nicht weiß, was da für Filme liefen - unser Film lief (für mich) auf der Rückbank von Brigittes Auto...

Und dann vor wenigen Wochen der Tod von Wolfgang Wetzel, mit dem ich bis zum 10. Schuljahr die selbe Klasse in der Realschule Burscheid besuchte. In der Schulzeit hingen wir oft zusammen, hatten viele gemeinsame abgedrehte Ideen und unvergessen sind unsere ersten Parties, damals bei Wolfgang im Partykeller seiner Eltern.
Wolfgang war derjenige, der mir eines Tages in einer Pause, als ich gedankenlos vor mich hinsang, einredete, dass ich singen könne - der Schritt zu Gründung unserer ersten Band gemeinsam mit zwei weiteren Klassenkameraden war getan. Wir sind in all den Jahren ( fünf oder sechs), in den denen wir gemeinsam Musik machten nur einmal zusammen aufgetreten, auf unserer eigenen Schulentlassung 1975 und dann trennten sich unsere Wege, führten uns nur noch selten zusammen, zuletzt 2016 beim Streetlife-Festival in Leverkusen.

Jetzt ein Anruf meiner jüngsten Schwester am letzten Freitag Abend und der Bericht über den Tod eines Federal-Mogul-Mitarbeiters, von dem sie vermutete, dass es Thomas Dunz sei.

Dunzi, der Ranger...

Seit gestern dann die traurige Gewissheit - der Sensenmann hatte sich einen meiner besten Kumpels aus Jugendtagen gekrallt. Mann, zwischen 1975 und 1995 waren wir so gut wie unzertrennlich, gemeinsam mit einigen anderen unserer damaligen Clique - die "Ritter der Tafelrunde" wie wir uns stolz nannten: Nichts als Blödsinn im Kopf und immer dabei, wenn es darum ging legale und illegale Aktionen zu starten und Dunzi, der Ranger meist mit mir in der vordersten Front...
Auch dieser Kontakt ist Mitte der 90er Jahre leider eingeschlafen, weil ich von Heute auf Morgen meinen Lebensstil geändert habe, ändern musste, sonst wäre ich hoffnungslos untergegangen.
Oft habe ich mich mit Blacky, wenn wir uns auf eines unserer seltenen, gemeinsamen Bierchen trafen, darüber unterhalten, dass wir eigentlich mal wieder bei Dunzi vorbeigehen müssten und immer wieder haben wir es verschoben - so lange, bis es kein plötzliches Vor-der-Tür-Stehen mehr geben wird...

Und jetzt sitze ich hier, komme nicht mehr darum herum, die näherkommenden Einschläge des Knochenmannes wahrzunehmen, denn eines ist klar - auch wenn ich den Tod bisher aus meinem bewußten Denken verbannt habe - er vergisst weder meine Freunde und wohl letzten Endes auch mich nicht.
Ich habe Angst, offen gestanden - und da sind immer noch so viele "offene Baustellen", Freunde, die man schon lange mal wieder treffen wollte, bevor es zu spät sein könnte und ganz plötzlich ist klar - Schon Morgen kann zu spät sein...

Wenn ich noch Alkohol im Haus hätte, würde ich jetzt ein Bier trinken - auf abwesende Freunde und  verpasste Chancen...

Brigitte, Wolfgang, Thomas - ich bin nicht gut darin, aber ruht in Frieden. In meiner Erinnerung werdet ihr immer ein Teil meines Lebens sein...

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