Samstag, 26. April 2014

These shoes are made for walking...

Wer den heutigen Titel liest, dem dürfte schnell zweierlei klar sein: Zum einen nehme ich mal wieder Bezug auf einen Songtitel  - diesmal von Nancy Sinatra aus dem Jahre 1966 -, was natürlich den meisten meiner Leser nichts sagen wird.

Und zum zweiten offenbart der Liedtitel das heutige Thema: Schuhe!

Ha, Frauenthema! Werden jetzt nicht wenige denken – die männlichen Leser werden sich gelangweilt abwenden und die Damenwelt wird aufhorchen: Was kann uns ein MANN zu dem Generalthema SCHUHE wohl schon sagen, was wir nicht längst darüber wissen?
Recht so – die Damen werden tatsächlich nichts Neues erfahren, außer halt, dass ich langsam aber sicher stinksauer über das Allerweltsprodukt (Ich weiß, meine Damen, für Euch ist es ein Produkt voller Erotik und was-Weiß-ich-denn-schon-sonst-noch-alles…) Schuhe.

Wie schon der Titel aussagt, sind Schuhe zum Gehen gemacht. Eigentlich mal als Schutz der bloßen Füße vor den Widrigkeiten der Umwelt, später dann zur Zierde und als Sammlerobjekt für Frauen, deren einziges Lebensziel es manchmal zu sein scheint, Unmengen von Schuhen in allen möglichen Formen und Farben zu kaufen und dann unbenutzt in den Schrank zu stellen, wo sie die Objekte ihrer Begierde dann stundenlang mit entrücktem Blick anhimmeln können. Fragt mich nicht, was in solchen Momenten durch den Kopf einer Frau geht – ich hätte schon mittelgroße Probleme euch eine Antwort zu den verbleibenden weiblichen Momenten zu geben – aber das ist ja wohl ein universelles Männerproblem.

An dem Tag, an dem ich die Frauen endlich verstehen werde, nagen wahrscheinlich schon mehrere Generationen Würmer an meinem Astralkörper…

Aber wie so oft – oder eigentlich immer – bin ich mal wieder etwas, diesmal nur ein ganz klein wenig, vom eigentlichen Thema abgekommen, das da lautet: „Die Schuhe sind zum Gehen gemacht…“
Ich weiß nicht, wann die Schuster oder wie die Gilde derer, die dieses Produkt heutzutage herstellt, den ursprünglichen Sinn des Schuhwerks aus den Augen verloren haben – oder aber, ob sie keinen Berufsstolz mehr besitzen und sich einen Dreck darum scheren, ob die von ihnen produzierten Objekte überhaupt noch in der Lage sind, den ihnen vorbestimmten Zweck auch nur annähernd zu erfüllen.

Ist außer mir schon mal jemandem aufgefallen, dass Schuhe, wenn sie tatsächlich zum Gehen benutzt werden, eine irre kurze Lebensdauer haben?

Ich könnte die Wände hochgehen!

Früher ist mir das nicht aufgefallen, da wurden Schuhe beim Verlassen der Wohnung angezogen, um schnell ins Auto zu huschen, mit dem man dann zur Arbeit oder zum Einkaufszentrum fuhr, schnell im Sauseschritt seine Tätigkeiten verrichtete und husch-husch wieder zurück ins Auto sprang, um den Nachhauseweg bequem zu bewältigen und nach einem kurzen Sprint in die Wohnung war man das Schuhwerk dann auch schon wieder los – Die Schuhe hielten damals einfach ewig…

Dann kam der Tag, an dem meine Pumpe einen Satz machte, mich für einige Zeit ins Krankenhaus und unters Messer beförderte, wo mir dann zwei Ersatzteile verpasst wurden. Das war an sich ja nicht ganz so schlimm, schließlich stehe ich da nicht ganz alleine da und mir wurde versichert, dass ich durchaus noch 200 Jahre alt werde könne, wenn ich mich unter anderem dazu entschließen könne, täglich etwas für meinen Astralkörper zu tun – die Ärzte wollten da ganz klar auf Sport hinaus, eine Tätigkeit, die ich schon zu Schulzeiten hartnäckig verweigert habe, da sich mir bis heute nicht der Sinn erschließt, was ich denn davon habe, zu wissen, dass ich 100 Meter in 28,3 Minuten schaffe, Hinz und Kunz aber in 12 Sekunden…

Ist mir doch so was von Schnuppe – solange derjenige, der hinter mir herrennt, mir nicht gerade eins aufs Maul geben will, kann der doch an mir vorbeiziehen so oft er will – ich hab da gar kein Problem mit…

Ach ja, ich schweife wieder ab…

Der Disput mit den Ärzten endete dann in dem Kompromiss, dass ich mich dazu „herabließ“ zukünftig täglich mindestens eine halbe Stunde spazieren zu gehen – und mittlerweile habe ich das freiwillig sogar auf eine Stunde ausgedehnt und es macht sogar meistens Spaß mit den Stöpseln im Ohr durch die Gegend zu laufen, die anderen Menschen zu beobachten und laute Rockmusik zu hören…

Aber damit begann auch dieses leidliche Schuh-Dilemma!

Denn egal, ob ich für mein Schuhwerk nur geizige 20 Euro hinblättere oder (für einen Hartz-IV-Empfänger) enorme 50 Euro – ich kann beim Kauf darauf wetten, dass die Schuhe nach 2 Monaten ein Fall für die Mülltonne werden, denn dann sind sie durchgelaufen.

Liebe Schuhhersteller: Ich bin ein Mann, der Schuhe kauft, um in ihnen tatsächlich ihrer Bestimmung entsprechend herumzulaufen – ich kaufe die Dinger nicht wie eine Frau, um sie mir unbenutzt in den Schrank zu stellen, weil sie so süß sind…

Wie wäre es, wenn ihr langsam aber sicher mal wieder haltbares Schuhwerk zu einem erschwinglichen Kaufpreis herstellt?

ICH zumindest wäre euch sehr dankbar…


Schönen Tag auch, ich mach dann jetzt mal meine tägliche Runde!

Samstag, 19. April 2014

Riskante Geschäfte

„Dann sind wir ja klar“, resümierte Hans und lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Du kommst freitags direkt nach dem Dienst nach Hause, wir sorgen dafür, dass dann die Kohle bereitliegt und du kümmerst dich um das Dope.“
Harry nickte, während er sich Mischung in den Kopf der Huka schaufelte, um sich anschließend das Gerät an den Mund zu halten und die Ladung mit einem tiefen Zug zu inhalieren.
„Ja, das geht klar – und Jörg fährt mich dann Sonntagabend zurück in die Kaserne.“

Alles war geregelt.

Pünktlich zu Beginn seines Wehrdienstes war es Harry gelungen, eine günstige Connection aufzutun, bei der er die wöchentlichen Ladungen Rauchware für sich und seine Mitstreiter in der Tafelrunde bekam. Die Sache hatte nur den Haken, dass derjenige nur in Kontakt mit Harry treten wollte und auch während des Wehrdienstes keinen Vertreter akzeptieren wollte. Obwohl er natürlich Harrys sämtlichen Kumpels nicht unbekannt war, pflegte Walter, ein großes Tamtam um seine Tätigkeit zu veranstalten.
Aber was sollte es – die Connection war günstig und vor allem zuverlässig, so dass sich Harry auf den Deal mit seinen Kumpels einließ und fortan pünktlich nach Dienstschluss Freitags zum Delmenhorster (später zum Celler) Bahnhof eilte, um die schnellste Verbindung in sein Heimatdorf zu erwischen, wo er von Jörg oder Hans oder auch schon mal Tobi mit einem Bündel Geldscheine erwartet wurde, die er in den nächsten Stunden in die begehrte Rauchware verwandeln sollte.
Ein Unterfangen, das auch immer reibungslos verlief: Ankommen, Geldübergabe, einen kurzen Abstecher zu Walter, der dann den Zeitpunkt der Abholung der Ware festlegte und dann halt spät abends die Drogenübergabe und anschließende Verkostung im Kreise der Gruppe, die sich in Anlehnung an Monty Pythons „Die Ritter der Kokosnuss“ die Tafelrunde nannten, wohl wissend, dass sie alles andere als ritterlich waren – höchstens genauso plemplem wie die Python’sche Ritterrunde…

Es ging immer alles klar, Woche für Woche – bis:

Harry und Walter hatten 21 Uhr für die Abholung des Rauschmittels vereinbart und es war selbstverständlich, dass Harry auf die Minute pünktlich an Walters Wohnung klingelte, der auch beinahe sofort die kleine Klappe in seiner Haustür öffnete und mit leicht glasigem Blick hinausspähte.
„Was willst denn du?“ lautete die barsche, leicht nuschelige Frage.
„Wir hatten eine Verabredung“, erwiderte Harry und vermied es, im Hausflur über das brisante Unternehmen zu sprechen, ganz so wie Walter es ihm bei jedem Treffen immer wieder in seinen neurotischen Augenblicken eingebläut hatte.
„Kann nicht sein“, kam die Antwort und Walter wandte sich ab.
„Heh, Moment“, Harry wurde ein kleines bisschen lauter und schob die Hand in das Türfenster, bevor Walter es schließen konnte.
„Ich hab dir vor drei Stunden die Kohle gebracht und jetzt erwarte ich die vereinbarte Lieferung!“
Es sollte entschlossen wirken, doch Walters gelangweilter Blick ließ ihn unsicher werden.
„Was sonst?“ kam die gleichgültig gestellte Frage.
„Ja sonst“, Harry überlegte. Eigentlich kam er mit Walter, den er auch außerhalb des wöchentlichen Drogendeals schon seit etlichen Jahren zumindest flüchtig kannte, ganz gut klar. In vielen Dingen lagen sie auf einer Wellenlänge – zumindest solange es nicht um harte Drogen ging, von denen Harry glaubte, dass Walter diese auch in nicht unbeträchtlicher Menge konsumierte.
„Sonst…“ Harry zuckte die Schultern und wurde wieder unsicher. „Sonst wirst du erleben, was passiert…“
Das klang ganz und gar nicht taff und Harry wusste es, auch ohne das höhnische Gelächter hinter dem sich schließenden Türfenster.

„Toll!“ schoss es Harry durch den Kopf. „Tolles Wochenende! Fängt ja mal wieder prima an!“

Er trollte sich mit dunklen Gedanken die Treppe hinunter aus dem Haus und suchte den Treffpunkt mit seinen Freunden auf.
„Das gibt’s nicht!“ ereiferte sich Tobi, der von ihnen körperlich der Kleinste war und hieb mit dem Hackmesser wütend in den Rest der Mischung, die er in Erwartung des Nachschubs vorbereitet hatte. „Haben sie dem ins Hirn geschissen, oder was?“
Harry rollte mit den Augen und zuckte einmal mehr mit den Schultern.
„Und jetzt?“ Tobi war richtig böse – der Großteil der Kohle stammte aus seiner Tasche.
„Was soll ich machen?“ nuschelte Harry, der sich gar nicht wohl fühlte, denn obwohl solcherart Geschäfte natürlich keine rechtliche Grundlage hatten, war er für den Verlust der Summe verantwortlich und das hieß bei seinem Wehrpflichtigen Sold – er wollte lieber nicht daran denken….

Hans war es, der erst ganz ruhig die Huka neu füllt, sich das Gerät ansetzte und den Inhalt des Kopfs in einem langen, tiefen Zug inhalierte, danach genüsslich eine gewaltige Rauchwolke ins Wohnzimmer blies und sich im Sessel zurücklehnte.
„Keine Panik!“ sagte er und kämpfte gegen einen Hustenanfall an. „Das kriegen wir schon wieder hin…“
„Ja, Klasse“, nörgelte Harry. „Soll ich morgen zu Walter gehen und ihm eine einscheppen?“
Schon bei dem bloßen Gedanken an diese Aktion wurde ihm ganz schlecht. Walter war mehr als einen Kopf größer als Harry und von seiner Statur her, würde er ein gewaltiges Pfund in den Schlag seiner Fäuste geben können. Harrys K.O. war so gut wie vorprogrammiert.
„Ne“, lachte Jörg und tat seinerseits einen Zug aus der Huka.
„Ganz sicher nicht.“ bestätigte Hans und blickte in die Runde. „Da hast du Null Chance, aber wir könnten dem mal so richtig einen Schrecken einjagen. Danach rückt der dir das Dope schon raus…“
Hans strich sich das lange blonde Haar hinter die Ohren.

„Tobi, du hast doch da zu Hause ein paar Knarren…“

Harry quollen bei diesen Worten fast die Augen aus dem Kopf.

Waffen!

Scheißdreck – schon beim Bund waren ihm die Dinger suspekt und nach einem ersten Probeschießen, dass ihm zumindest bestätigte, dass er die anvisierte Richtung halten konnte, hatte er seine eigene Methode entwickelt die andauernden Schießübungen mehr oder weniger zu boykottieren. Und jetzt schlug Hans allen Ernstes den Einsatz und – nein nicht wirklich, oder? – Gebrauch von Schusswaffen vor.
Klar Tobias war ein Waffennarr und in seinem Zimmer in der elterlichen Wohnung lag immer was rum – mal eine Automatik; einen einschüssigen Schrot-Derringer hatte Harry auch schon mal probeweise angefasst – und natürlich der 45er Colt: dieses gewaltige, schwere Ding, bei dem sich Harry immer fragte, wie die Westernhelden damit so schnell ziehen und schießen konnten…

„Also – bei Waffen bin ich raus“, wehrte Harry ab und Jörg und Hans brachen wegen seines erschrockenen Gesichtsausdrucks in schallendes Gelächter aus.
Tobi war schon auf der Suche und kam kurz darauf tatsächlich mit einer Automatik und dem berüchtigten 45er zurück. Hans zog seine Jacke aus und griff nach seinem kleinen Revolver, den er aus nie näher definierten Gründen schon seit geraumer Zeit immer mit sich herumtrug. Er überlegte es sich anders und griff nach dem 45er, wog ihn in der Hand. Bei ihm sah das relativ locker aus und unvermittelt warf er die Knarre zu Harry, der sie gerade so mit beiden Händen auffing – und dennoch nicht verhindern konnte, das dieses mächtig schwere Gerät scheppernd auf den Wohnzimmerboden krachte, was ihm sämtliche Farbe aus dem Gesicht trieb, bei dem Gedanken, ein Schuss könne sich lösen.
„Keine Angst, du Schisser“, feixte Tobias und öffnete die rechte Hand, in der 6 Patronen funkelten. „Hab’s nicht geladen – viel zu gefährlich in der Bude!“
Mit leicht zitternden Fingern hob Harry den Ballermann vom Boden auf und wiegte ihn prüfend in der rechten Hand, die sofort wieder einen unwiderstehlichen Drang entwickelte, sich dem Fußboden zu nähern.
„Boah, ist das Scheißding schwer“, jammerte er.
„Kein Problem – das kriegst du morgen schon hin und denk dran, der, der in den Lauf dieser Kanone guckt, hat ganz bestimmt noch mehr Schiss als du…“

Es ließ sich wohl nicht vermeiden – am nächsten Morgen klingelte Harry bei Walter und stiefelte, nachdem er die Haustür aufgedrückt hatte, die zwei Etagen hinauf, wo Walter schon aus seinem Türfensterchen lugte.
„Du schon wieder“, grinste er und wollte sich gleich wieder abwenden.
Harry fasste all seinen Mut zusammen und riss den Colt hoch, den er unter seiner Jacke versteckt gehalten hatte. Er schob den Lauf durch das Fenster und lehnte die Waffe auf den Rahmen, froh, dass die Auflagefläche das Zittern seiner Hand kaschierte.
„Pass auf, Walter“, sagte er mit einem leichten Schwanken in der Stimme. Seine Knie fühlten sich gerade weich wie Pudding an und er wünschte sich an so ziemlich jeden Ort der Welt – nur nicht gerade hierhin und zu diesem Augenblick. „Bevor du jetzt wieder was Falsches tust und mich zwingst Sachen zu tun, die ich gar nicht tun will – Geh einfach mal an dein Wohnzimmerfenster, zieh die Gardine zur Seite und guck mal auf die Straße.“

Ob es normal war, dass sich gerade jetzt seine Blase meldete? 

Harry hatte das Gefühl, dass der Revolver in seiner Rechten von Sekunde zu Sekunde immer schwerer wurde.
Walter wurde blass, starrte kurz wie hypnotisiert in den Lauf des 45er und bewegte sich rückwärts vom Fenster fort.
Schweiß rann Harry ins rechte Auge und brannte so höllisch, das er mit der linken Hand die Flüssigkeit wegwischen musste.
„Hoffentlich ist Walter nicht aufgefallen, dass ich den Abzugshahn überhaupt nicht gespannt habe!“ durchzuckte es ihn. Tobias hatte ihm gestern Abend lange und immer wieder eingebläut, dass er das tun solle, bevor er das Ding auf Walter richtete, denn den Revolver abzufeuern, ohne zuvor den Hahn zu spannen, hatte sich bei den Trockenübungen als unmöglich herausgestellt.

Bei dem Versuch, jemandem den Kopf wegzublasen, würde er sich wahrscheinlich eher das rechte Ei wegschießen…

Er hörte Walter im Wohnzimmer mit der Gardine rascheln und ihn dann erschrocken einatmen, als auf dem Bürgersteig – in Sichtweite zu seinem Wohnzimmerfenster – Hans und Tobias mal eben kurz ihre Jacken anhoben und ihre im Hosenbund und Hans‘ Schulterhalfter befindlichen Knarren aufblitzen ließen…
Der Schweiß auf seiner Stirn wollte nicht versiegen und jetzt brannten beide Augen höllisch. Harry sah eigentlich kaum noch etwas und das Zittern seiner Hand musste jetzt auch für einen Blinden ganz klar zu erkennen sein und seine Beine – „Mein Gott! Ich kippe gleich aus den Latschen und pisse mir auch noch in die Hose!“ durchzuckte es Harry, während er hörte, wie Walter zurück kam.

„Mann, Alter“, rief er halblaut durch das Fenster und hantierte am Türschloss. „Das war doch alles  nur ein Riesenmissverständnis…“

Die Tür öffnete sich, Harry zog die Wumme zurück und steckte sie mit letzter Kraft in den Hosenbund – zum Glück gesichert, seine Eier waren in diesem Augenblick einer immensen Gefährdung ausgesetzt – und stakste mit unsicheren Schritten hinter Walter her, der entgegen seiner sonstigen Art nicht aufhören wollte, sich mit einem unendlichen Wortschwall für das „Versehen“ zu entschuldigen.

Irgendwann saß Harry dann wieder im Kreis seiner Kumpane, setzte das Huka an und haute sich einen extra fetten Kopf in die Birne. Er bekam noch mit, wie ihm Hans anerkennend auf die Schulter klopfte, blies in Begleitung eines fürchterlichen Hustenanfalls eine gewaltige Rauchwolke in den Raum und griff nach dem Revolver, den er mit immer noch zitternden Händen vorsichtig auf den Tisch ablegte und mit einer Bewegung, die alle Verachtung der Welt beinhaltete, zu Tobias hinüberschob.

Eines war sicher: Harry war für solcherart Action nicht gemacht und für ihn war klar, dass diesen Job schnellstmöglich jemand anders übernehmen musste.

Dann erreichte das THC wohl seinen Verstand, der in einen wohligen Nebel eintauchte, in dem sich langsam aber sicher die unendliche Angst dieses Morgens verlor…

Dienstag, 15. April 2014

Ein Angebot, das man (nicht) ablehnen kann…

von Helen Kowalewski



Erziehung kann ja so erschreckend sein!

Da hört man aus allen Ecken Leute reiferen Alters über die Jugend von heute schimpfen und deren Erziehung bitter beklagen, und obwohl  ich aufgrund meiner vielen entsprechenden Kontakte die Meinung vertrete, dass die meisten jungen Leute eigentlich recht ordentlich geraten sind, muss ich ihnen plötzlich zustimmen.

Nein, ich bin NICHT überfallen worden.

Angepöbelt hat mich auch niemand, sieht man mal von dem „charmanten, jung gebliebenen, sensiblen“ Mittsiebziger ab, der mich in einem der gängigen Social Networks  anbaggerte und von mir einen Korb bekam, weil ich mich irgendwie mit den von ihm in Aussicht gestellten Lebenshöhepunkten nicht anfreunden konnte, wie: uns gemütlich auf der Couch einer der actiongeladenen (gähn) amerikanischen Serien oder die neueste hochintelligente deutsche Show reinziehen , zu Worten und Klängen von Andrea Berg oder Helene Fischer einen flotten Disco Fox aufs Parkett legen, begeistert zu den Klängen der angesagten Blaskapelle mitklatschen, im eigenen Garten Unkraut jäten (ganz zu schweigen von der Verarbeitung des vielen an- bzw. abfallenden Obstes) und was der ähnlichen Knaller Erlebnisse mehr sind. Und Außendienstler vor meiner Wohnungstür (ob jugendlich oder nicht) werden von mir auch stets rasch und (bis zu einem gewissen Aufdringlichkeitsgrad) meist auch höflich verabschiedet. Niemand wollte an mein Leben, meine Gesundheit oder gar mein Eigentum…

Was ist also passiert?

MAN HAT MIR IM BUS EINEN PLATZ ANGEBOTEN!

Wie schockierend!

Ich bin doch nicht alt!!!

Andere in meinem Alter sind alt, aber ich doch nicht! 

Nicht, dass mir nicht schon seit einiger Zeit aufgefallen wäre, dass meine Rappenmähne sich langsam zum Schimmelfell wandelt. Nicht, dass die Lachfalten rund um die Augen im Spiegel immer mehr Canyons ähneln. Nicht, dass der Körper nicht ab und an reklamiert, dass ich nicht immer besonders sorgfältig mit ihm umgegangen bin. Aber so bewusst, wie in dem Augenblick, als der attraktive Jungspund im gut besetzen Bus von seinem Sitz aufstand und mir seinen Platz anbot, so deutlich habe ich bisher noch nie die Last meiner Jahre empfunden.
Muss ich mich jetzt langsam mal nach Rollatoren, Gebissen und preiswerten aber guten Pflegeheimen umsehen? Muss ich damit rechnen, dass mein Hirn langsam aber sicher in Richtung Demenz strebt? Wie lange noch, bis ich über meine Kondition nicht mehr meckere, sondern sie auf immer verabschiede?

Leute, das kann und darf doch nicht wahr sein!

Und das mir, die ich noch so viel vorhatte, wie reich werden, meine Liste der noch nicht besuchten Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt abarbeiten, die große Liebe erleben usw., werde durch ein Beispiel guter Erziehung grausam daran erinnert, dass auch mein Leben endlich ist und mir das Gras, in das ich beißen werde, mit rasanter Geschwindigkeit entgegen wächst.
Alle diese Gedanken schossen mir während besagter Situation in Lichtgeschwindigkeit durch den Kopf. Okay, die Synapsen funktionieren also noch. Kein Grund zu Panik, junge Frau! Das Teenie wollte nur nett sein und dich keineswegs direkt in Richtung Altersheim manövrieren.
Es ist ja nicht so, dass man sich kurz vor der  60 nicht schon mal Gedanken darüber gemacht hätte, aber Tatsache ist, dass für mich das Alter ähnlich weit entfernt ist, wie einem Erstklässler die nächsten Sommerferien…. Äonen!!! Und dann muss man anhand solch eines Erlebnisses feststellen, dass es höchstens noch ein paar Jahre sind, die einem bleiben. Und die Jahre werden immer kürzer. So langsam verstehe ich meine Mutter immer besser, die bei anfallenden Sanierungsmaßnahmen unseres Hauses so treffend bemerkte „Das ist doch gerade (vor über 20 Jahren) erst gemacht worden!“
Das  alles sind Gedanken, die mich seit diesem Erlebnis quälen. Und die Ursache dieser Panikattacken: ein junger  Mann steht auf und fragt freundlich aber völlig unbedarft darüber, was er emotional in dir anrichtet: 

„Möchten Sie sich setzen?“

Und das alles nur, weil Erziehung doch noch zu funktionieren scheint. Liebe Eltern, ihr wisst ja gar nicht, was ihr mir damit angetan habt! Warum konntet ihr euren Sohn nicht zum oberflächlichen Egoisten erziehen, wie andere Eltern auch….

Ach ja… ihr wollt sicher noch meine Reaktion wissen: „Wenn du dich auf meinen Schoß setzen willst, gerne. Aber ich hab keinen Lolli dabei…“

Montag, 7. April 2014

Kein Unrechtsbewusstsein

Es ist schon mehr als nur traurig, was ich heute in der lokalen Tagespresse lesen muss: Da gehen auf der Balkantrasse zwei jugendliche Rüpel hin, kippen eine behinderte Frau mitsamt ihrem Rollstuhl um und klauen ihr das Portemonnaie…

Was für eine mutige Heldentat…

Ehrlich gesagt, kriege ich das Kotzen, wenn ich so etwas lese.

Was ist nur mit unseren Jugendlichen los?

Okay, Scheiße gebaut haben wir in jungen Jahren auch – und das ganz bestimmt nicht nur ein bisschen – aber uns wäre niemals auch nur im Traum eingefallen, uns an offensichtlich schwächeren Personen zu vergreifen, die absolut keine Chance auf Gegenwehr haben.

Das ist einfach nur MIES – und das ist noch gelinde ausgedrückt.

Um das Unrechtsbewusstsein ist es heutzutage eh nicht mehr so gut bestellt – kein Wunder, wenn man tagtäglich in allen Medien erfahren kann, dass beinahe jede Straftat dadurch entschuldigt wird, dass der/die Täter eine schwere, traumatisierende Jugend durchleben mussten; zu allem Überfluss auch noch im Säuglingsalter nur mit Mühe eine schwere Hustenepidemie lebend durchstand - oder, was natürlich das allerbeste strafmildernde Argument ist, man ist halt prominent oder Würdenträger in einer etablierten religiösen Vereinigung – da wird einem so mancher Fehltritt schon per se nachgesehen.

Woher also sollen die Kids heute noch lernen, was Recht oder Unrecht ist?

Dass eine Straftat zwingend eine angemessene Bestrafung nach sich zieht ist für die meisten heutzutage in den Bereich der Legende verrutscht:

Da kann ein prominenter Fussballmanager eine Millionensumme an Steuern hinterziehen, die selbst die meisten bundesdeutschen Millionäre niemals auf einem Haufen vor sich liegen sehen werden, und erhält dafür einen verschärften Stubenarrest in einer Prominentenbesserungsanstalt mit eingeschränktem Zimmerservice.

Ein Kindesmörder und –Vergewaltiger kann in den meisten Fällen darauf hoffen, dass seine Untat die Folge einer Krankheit ist und findet sich in den meisten Fällen sogar in der Rolle des Opfers wieder, dem die Öffentlichkeit gefälligst mit Umsicht und Vergebung zu begegnen hat. Die gerichtlich verordnete Sicherungsverwahrung bedeutet doch letztendlich auch nur, dass dieser Täter für den Rest seines Lebens keine Sorge um Unterkunft und Ernährung zu haben braucht.

Bist du gar Würdenträger einer religiösen Gruppe kannst du deine Fehltritte wie im finstersten Mittelalter immer noch auf göttliche Gebote und Weisungen abschieben und dich einer gewissen Immunität und/oder zumindest der Mithilfe vorgesetzter Instanzen bei der erforderlichen Vertuschung der Tat erfreuen.

Die Kids haben also überhaupt keine Chance, RECHT und UNRECHT unterscheiden zu lernen!

Da krankt es doch ganz gewaltig in unserem Rechtssystem, obwohl ich natürlich zugebe, dass die biblische Forderung von „Auge um Auge – Zahn um Zahn“ auch keine adäquate Alternative darstellt.


Aber manchmal…..