Sonntag, 25. Mai 2014

Ein Diktator in Köln

Manchmal fasse ich ja wirklich nicht, was in unserem Lande alles so abgeht.

Sich dann nur an den Kopf zu fassen, ist lange nicht genug.

Da kommt ein ausländischer Politiker mit eindeutig diktatorisch-faschistoiden Tendenzen, der für seine menschenverachtende Politik und religiösen Fanatismus bekannt ist und der gerne mal nicht nur die Menschenrechte, sondern gleich auch seine Mitbürger öffentlich mit Füßen tritt, als angeblicher Privatmensch in eine deutsche Großstadt und darf in einer Arena auch gleich seinen Wahlkampf fortsetzen.

Wow!

Angela Merkel im nächsten Wahlkampf an der Algarve oder in Antalya auf Stimmenfang - das hat was - und wird sicher die volle Zustimmung der dort zuständigen Obrigkeiten finden.

Wenn ich mir das als Privatmann in der Türkei leisten würde, wäre ich schneller in einem dunklen Verlies verschwunden als ich "Heil Erdogan!" rufen könnte...

Ich möchte diesen Beitrag jetzt nicht als Ausländerhetze verstanden wissen und ich habe auch ganz speziell nichts gegen meine türkischen Mitbürger - aber die Impertinenz dieses arroganten Machtpolitikers geht mir gewaltig gegen den Strich.

Eine Rede bei einem Staatsbesuch vor einem angemessenen Publikum fände meine vollste Unterstützung.

Aber statt dessen?

Eine Stadt im Ausnahmezustand...

Tausende Polizisten im Einsatz...

Randale zwischen Anhängern und Gegnern des Politikers - da werden innertürkische Konflikte auf unserem Boden und vor allen Dingen zu unseren Lasten ausgetragen; sprich, der dumme Deutsche trägt die Kosten für den Polizeieinsatz und die Beseitigung der Trümmer, die das Aufeinandertreffen zweier feindlicher Lager verursacht.

Liebe Frau Merkel, wir wissen ja alle, dass Ihr einziges Interesse darin besteht, sich die Taschen zu füllen, uns zu verarschen und den kohl'schen Rekord im Aussitzen im Kanzleramt zu brechen.

Merkeln - Tschuldigung - merken Sie denn überhaupt noch, was in unserem Lande so abgeht?

Worauf dürfen wir uns denn als nächstes freuen?

Auf Putin on Tour, inklusive öffentlicher Kundgebungen mit der Aufforderung ein Referendum zum Anschluss der Bundesrepublik an die Russische Föderation zu starten?

War das Honeckers impertinent-genialer Plan, als er damals die Grenzen zur DDR öffnete, sich abseilte und uns Sie als Kuckucksei hinterließ?

Dürfen wir uns auf die Promo-Tour eines Kim-Jong-Un freuen, der uns die Segnungen des einzig wahren Sozialismus - inklusive bitterster Armut der Bevölkerung - anpreist?

Mein Latein ist nicht das Beste - hab's schließlich nie in der Schule gelernt - aber mir stellt sich die Frage:

Quo vadis, Germanica?

Samstag, 24. Mai 2014

Nach der Sendung ist vor der Sendung

Aber Hallo!

Das war ja am letzten Mittwoch wohl ein Fiasko, wie es nur der Wolf so hinkriegen kann.

Obwohl ich wirklich nicht weiß, was ich dem Mikrofon angetan habe - es stand einfach so da und ich habe einfach nur so gesprochen - und es hat komplett die Arbeit verweigert. Und das Ersatzmikrofon musste auch erst besonders behandelt werden, bevor es sich dann widerwillig in sein Schicksal ergab, meine hehren Worte in das weltweite Netz zu übertragen...

Kann ja sein, dass das Mikro ein Verwandter der Mikrofone war, die früher bei meinen Auftritten als Musiker regelmäßig Schleudertraumata erlitten und auch schon mal quer durch die Halle flogen oder den Bass meines Bandkollegen trafen...

Nichtsdestotrotz:

Obwohl ich während des Fiaskos zeitweise am Liebsten meine Sachen gepackt und die Flucht ergriffen hätte und mich dabei innerlich aufs Schärfste ob meiner Vermessenheit tadelte, jetzt auch noch in die Fußstapfen von Radiolegenden wie Wolfman Jack oder Frank Laufenberg treten zu wollen, werde ich meine Radioshow fortsetzen.

Hochmut kommt vor dem Fall!

Ich denke aber, nachdem die technischen Fehlleistungen beseitigt waren, gab es einige Ansätze, die auszubauen sich lohnen dürften.

Zum einen habe ich dann doch gemerkt, dass meine frei-Schnauze-Moderation, nur nach wenigen Stichworten, nicht so gut funktioniert, wie gedacht. 

Da waren mir zu viele "Ähs" und Mhms" dazwischen. Besser wäre es wohl auch, das Mikrofon erst nach Ende der eigenen Rede auszuschalten - so ist mir gelungen, was viele in meinem Umfeld schon seit Jahrzehnten erfolglos versuchen: Dem Wolf endlich mal das Wort abzuschneiden!

Also habe ich gestern Nacht schon einen Teil meiner angedachten Moderation für die nächste Sendung am Mittwoch, 28. Mai 2014 detaillierter ausgearbeitet - jetzt heißt es dann, dies so vorzutragen, dass es nicht abgelesen klingt.

Da bin ich übrigens bei einem weiteren wichtigen Punkt für meine künftigen Sendungen angelangt (solange ich nicht auf offener Straße wegen der Show getötet werde, geht's wohl weiter): Foxradio Burscheid schaltet bei ihren Sendungen zumeist die Wunschbox ein, was dann dem Hörer die Möglichkeit bietet, sich während der Live-Sendung Musiktitel zu wünschen.

Tut mir ehrlich Leid - da ich mich bemühe, zu jedem Titel eine anständige Moderation zu erstellen, was auch bedeutet, dass man einige Zeit im Netz verbringt und die Vorbereitung einer Reiner Wolf Radio Show schon fünf, sechs Stunden benötigt, wird es das in meiner Sendung NICHT geben.

Allerdings werde ich künftig immer wenn ich besondere Themen in meiner Sendung bringen möchte, ca. zwei Wochen vorher die Möglichkeit einräumen, mir Musikwünsche per facebook oder über die E-Mail-Adresse "reinerwolfshow@gmx.de" zukommen zu lassen, die ich dann mit entsprechender Moderation, sprich Hintergrundinfo, spielen werde.

Soviel zunächst einmal vom GröMoAZ (größenwahnsinnigsten Moderator aller Zeiten)...

Ich hoffe, wir hören uns zur zweiten Sendung!

Dienstag, 20. Mai 2014

Reiner goes "Auf Sendung"



Manchmal schaffe ich es tatsächlich mich selbst zu überraschen.

Als vor einigen Wochen jemand auf den Gedanken kam, „wenn der Wolf einen Blog schreiben kann, muss er auch moderieren können“, und mit dieser abstrusen Idee auf mich zu kam, hab ich mir erst gedacht, „jetzt knallen die durch!“

Aber, bei näherer Betrachtung freundete ich mich langsam aber sicher mit der Idee an.

Musik war und ist schon immer ein Großteil meines täglichen Lebens:

Wenn der Radiowecker morgens losgeht, dann nervt er mich nicht mit irgendeinem Alarm Ton, sondern mit Musik. 
Sobald ich meinen Kadaver aus den Federn gehievt habe, wird der PC hochgefahren, um per Internet – da der Antennenempfang in den letzten Jahren immer mehr den Bach runter ging – Radio zu hören. CDs anhören habe ich schon vor Jahren aufgegeben, denn bei 6856 Alben und 35275 Titeln steh ich dann immer vor dem Player und weiß gar nicht so recht, WAS ich denn nun anhören will.

Also läuft der Player – wenn überhaupt – nur noch auf Zufallswiedergabe und auf dem Handy habe ich eine mp3-Playlist mit locker 600 Alltime-Favorites und den Alben, die ich aktuell erworben habe. Das ist die beste Funktion an den verseuchten Smartphones: Wenn ich meine täglichen Spaziergänge absolviere, gibt’s immer meine Lieblingsmusik plus die aktuellsten Alben aufs Ohr.

Aber zurück zum Thema:

Nachdem ich mich dann durchgerungen hatte, eine Probesendung zu versuchen – („Versuchen tun Impotente“, hat ein Vorgesetzter immer zu mir gesagt, wenn ich eine Antwort mit „Ich werde es versuchen“ begann) – und wir uns dann endlich auf einen Sendetermin geeinigt hatten, stand ich dann plötzlich da wie der Ochs vorm Berg:

Was spiele ich in den zwei Stunden, die die Sendung dauern soll, die ich auch in grenzenloser Hybris „Reiner Wolf Show“ getauft habe?

Da kam dann wieder das oben geschilderte Dilemma zu Tragen: „So viele Musik – aber so wenig Zeit!“

Nun, ich habe für die Sendung am 21. Mai – 20 Uhr bis 22 Uhr auf foxradio-burscheid.de – dann nach langem Ringen meine Titel gefunden, nicht ohne zwei Minuten später fest zu stellen, dass ich ja auch noch diesen Titel oder jenen hätte auch noch reinnehmen können…

Die Betreiber des kleinen Senders haben mich ganz optimistisch langfristig und regelmäßig eingeplant – ich werde also Woche für Woche aus meinem Musikfundus das Beste vom Besten ausschöpfen können.

Was spielt der Wolf denn nun in seiner großkotzigen Show?

Also – wer auf Schlager, Techno, Hip Hop und Rap steht, der wird bei der Reiner Wolf Show ganz sicher NICHT auf seine Kosten kommen. Immerhin bin ich Rockmusiker – gemein und dreckig und das sagt dann auch schon, in welche Richtung es musikalisch gehen wird. 

Obwohl ich festgestellt habe, dass die Grenzen hier – wie bei allen Dingen im Leben – fließend sind.

In der ersten Sendung werde ich einen kleinen Querschnitt aus meiner Handy-Favoriten-Liste vorstellen – unter anderem Biffy Clyro, Steve Forbert, Indigo Girls aber auch Molly Hatchett sowie Peter Maffay und Silly. Die ganz harten Sachen lasse ich zunächst mal aus, ich denke, da werde ich in den kommenden Wochen immer so eine Art Themensendung präsentieren.

Des Weiteren werde ich die drei LPs vorstellen, die ich Mitte der 1970er Jahre ganz stolz als Beginn meiner Plattensammlung bei GOVI bestellte – das war der Amazon des prä-PC-Zeitalters – und jeweils zwei oder drei Stücke daraus spielen.

Ach ja, und dann das Wichtigste – die Moderation:

Die wird ganz einfach, so wie ich es im richtigen Leben auch immer tue, frei Schnauze erfolgen. 
Das wird nicht immer politisch korrekt sein, manchmal bissig und ironisch aber vor allem möchte ich zu der Musik, die ich spiele einfach einige fundierte Hintergrundinformationen liefern. 
Das heißt dann allerdings ganz sicher nicht, dass ihr bei mir erfahren werden, welcher Star mit wem, wann, wo, wie oft und in welcher bevorzugten Stellung in die Kiste gehüpft ist – das interessiert mich einen trockenen Furz.

Um ein Beispiel zu nennen: Bei mir werdet ihr nie hören, dass ein gewisser Phil Collins Gründungsmitglied der Band Genesis war, wie ich es zu meinem Entsetzen schon bei unzähligen Moderationen vernehmen musste – dieser Herr, der ganz klar nicht aus der Bandhistorie fortzudenken ist – stieß erst als Bewerber auf eine Schlagzeuger-Suchanzeige beim dritten Album „Nursery Crime“ zur Gruppe; und der Rest ist Geschichte…

Bei the way – ich glaube, ich werde mal ein mehrstündiges Special zu „Genesis – The Peter Gabriel Years“ vorbereiten – vielleicht interessiert das ja (außer mir) jemanden…

Das soll dann genug Eigenwerbung zur morgigen Premierensendung sein – lasst euch überraschen, gebt mir Feedback, denn nur wenn euch meine kleine, größenwahnsinnige Sendung gefällt, wird es eine Fortsetzung geben – Ihr habt es in der Hand!

Wir hören uns?!


Sonntag, 11. Mai 2014

Partytime!



Um es gleich vorweg zu sagen:

Dieser Beitrag soll nicht die „verderbte Jugend von heute“ anprangern, wie es in den letzten Wochen auf facebook vermehrt thematisiert wurde. Obwohl ich jene Postings mehr als nur peinlich fand, hab ich mir dazu meine Kommentare – auch wenn sie spitz auf der Zunge lagen und sich vehement artikulieren wollten – verkniffen. Ich fand es nur erschreckend, wie sich Menschen Anfang/Mitte Zwanzig derart herablassend und scheinbar entsetzt über biertrinkende 16-jährige Mädchen äußern können – und dabei ganz offensichtlich vergessen haben, was sie in dem Alter alles angestellt haben. Vor allem glaubte ich den Geruch ihrer eigenen Windeln noch ganz deutlich in der Nase zu spüren…

Meine Tochter Narissara wurde 16.

Nichts Besonderes – die meisten Menschen werden irgendwann mal 16 Jahre alt und zumeist noch viel, viel älter.

Da auf Grund meiner langjährigen Arbeitslosigkeit die letzten Geburtstagsfeiern meiner Tochter ausfallen mussten, fand ich irgendwann im letzten Herbst, dass es eine gute Idee sei, ihr anzubieten, ihren 16. Geburtstag etwas größer und in einem ausgefalleneren Rahmen zu feiern. Eine Räumlichkeit im örtlichen Jugendzentrum anzumieten sollte kein Problem sein – also machte ich den entsprechenden Vorschlag, schoss in der Lokalität Fotos, damit sie sich den Ort ihrer Feier besser vorstellen konnte – und…

Es kam keine Rückmeldung…

Der besagte 16. Geburtstag im März kam und ging und die Party wurde nicht mehr angesprochen, bis eines Tages das Telefon klingelte und sich meine Frau bei mir darüber beklagte, dass „deine Tochter“ (alles vermeintlich Schlechte an meiner Tochter geht aus mir nicht ersichtlichen Gründen irgendwie immer zu meinen Lasten) eine Party mit 30 Personen machen wolle. In meinem Kopf schrillten die Alarmglocken – da gab es Gesprächsbedarf.

Es stellte sich dann heraus, dass Wee bei meinem damaligen Angebot gar nicht mit ihrer Mutter über die Möglichkeit einer Party gesprochen hatte und jetzt plötzlich glaubte, wenn sie nur den Wunsch dazu äußere, würde Vater schon alles Weitere in die Wege leiten. 
Über Planung und Organisation in einem Jugendzentrum und der Verfügbarkeit der Vermieträume schien sich Wee nicht die geringsten Gedanken gemacht zu haben. Also mietete der alte Sack, dann nach  einigem Hin und Her für Anfang Mai die Grillhütte und ließ die weitere Planung vertrauensvoll in den Händen Narissaras…

Erste Diskussionen begannen, als Wee ganz vorsichtig anfragte, wie es denn mit dem Genuss von alkoholischen Getränken während der Feierlichkeit aussehe.
„Klar“, erwiderte ich jovial. „Gegen ein bisschen Bier und Wein in Maßen ist nichts einzuwenden.“ Schließlich hatten wir auf unseren ersten Parties – damals Anno Pief, in finsterster Vergangenheit – auch unser Bierchen genuckelt. 

Gar kein Problem, wieso wohl auch…

Der Tag des großen Einkaufs vor der Party rückte näher und Wee präsentierte ihre Einkaufsliste und ich fiel erstmals beinahe aus allen Wolken.
„Was?“ entfuhr es mir. „Sechs Kästen Bier? Und all diese Schickimicki-Getränke noch dazu? Darf’s auch noch ein Döschen Kaviar sein?“
Ihr Blick sprach Bände.
„Die wenigsten trinken Bier. Am meisten trinken die Mädchen Hugo und Palmbeach und die Jungs trinken auch lieber so Lemon-Bier.“
„Aber SECHS Kästen!“

In Gedanken versuchte ich mich daran zu erinnern, wie hoch der Bierkonsum bei unseren Parties war. Wenn die Erinnerungen nur nicht immer alle so vernebelt und verschwommen wären…

„Das sind 60 Liter Alkohol, plus das ganze andere Gedöns“, rechnete ich Narissara vor. „Bei 30 Personen heißt dass locker gut und gerne zwei Liter Sprit pro Nase – mehr als ich ehrlich gesagt verantworten kann und will…“
„Och, Papa. Sei doch nicht so uncool.“ Da war es wieder – jetzt hatte sie mich beinahe wieder an ihrer Angel. 
Jetzt fehlte nur noch…

Klar, auch der Augenaufschlag und der bittende Schmollmund wurden effektvoll eingesetzt.

„Und ich bin dann für die ganzen Alkoholleichen verantwortlich. Was werden deren Eltern zu mir sagen…“ wehrte ich mich.
„Die sagen nichts – wenn einer betrunken ist von meinen Freunden, dann schläft der höchstens ein. Es wird schon keiner aggressiv…“
„Vor Aggression hätte ich auch keine Angst! Aber die kotzen dann alles voll…“
„Wenn einer kotzt, muss der das auch selber wegmachen, ist doch ganz klar, Papa.“
Wieder dieser Augenaufschlag und der Schmollmund, mit dem sie mich schon als sie klein war immer wieder um den Finger gewickelt hat – ich bin ja auch so ein gottverdammtes Weichei…
„Na gut – der erste der kotzt, den lass ich das auflecken“, gebe ich mich letztendlich geschlagen.

In dem Zusammenhang dann auch noch einmal meinen Dank an Blacky, der am Tag vor der Party die Geduld aufgebracht hat, mit uns die Einkäufe zu erledigen und der sich wohl auch einige Male gefragt haben wird, für wie viele Feten das Alkohollager gedacht sei.

Freitag war dann der große Tag.

Jetzt hieß es nur noch, am späten Nachmittag im Jugendzentrum die Hütte herzurichten. Mir selbst stand wohl ein langer Abend im Büro vor meinem Laptop bevor, denn meine Anwesenheit auf der Party war ausdrücklich nicht erwünscht.
Ich konnte es mir natürlich nicht verkneifen morgens auf facebook einen blöden Spruch wegen der Party zu posten: 

          „Checkliste für den heutigen Abend:
Alten Bundeswehr-Tarnanzug rausgekramt, entmottet, gereinigt; passt nicht mehr - der Bauch hängt  raus   - aber egal...Nachtsichtgerät besorgt - ob's funktioniert kann ich erst heute Abend feststellen...Schrotflinte auseinandergenommen, gereinigt, wieder zusammengebaut - kein Bolzen übriggeblieben - geladen... und ähem - GESICHERT...

Ich bin bereit!!!!
WAS LOS IST?

KOMMEN DIE RUSSEN?


Nein, meine Tochter feiert heute Abend ihre erste Party - auch mit Jungs.......
Ich bin blendend vorbereitet!!!“ 


Hätte ich gewusst, was der Abend bringen würde, hätte ich mir diesen Spaß gespart – und ich wurde noch von einer facebook-Freundin gewarnt, die ein ähnliches Horrorerlebnis auch schon hatte.

Schon während der Vorbereitungen in der Hütte wurde ich von Wee nach dem Eintreffen ihrer Helfer aus dem Raum komplimentiert.
Also ging ich hinüber ins Haupthaus, setzte mich zur Sozialarbeiterin Birgit ins Büro und gemeinsam starrten wir gelangweilt hinaus in den Sturm. Das für den Abend vorgesehene Konzert war abgesagt worden, es war nicht mit einem Besucheransturm zu rechen.

Die Zeit verging und ab und an sah man einige Jungen und Mädchen ums Haus laufen, sich selbst fotografierend und in einer Hand auch locker eine Bierflasche haltend…

Alles im grünen Bereich. Ich sah auch keine Veranlassung, schon mal rüber zu gehen, um nach dem Rechten zu sehen. Man will ja auch nicht als spießiger, alter Sack dastehen, der der Jugend nicht ihren Spaß gönnt…

Die Party begann gegen 18 Uhr und irgendwann gegen halb Neun siegte meine Neugier dann doch und ich ging mal kurz hinüber in die Partyhütte.
Dass mir laute Hip Hop-Musik entgegenschallen würde, damit war zu rechnen.
Aber mussten deshalb die von Blacky geliehenen Boxen gleich lautstark um Hilfe flehen?
„Guckt mal, was für Superboxen ich gekriegt habe“, hatte sich Narissara gefreut, als die ersten Gäste eintrafen – kurz bevor ich weggeschickt wurde.

Jetzt kam aber richtige Panik in mir auf. Wenn die Kids die Boxen jetzt killen stehen mir einige nahrungslose Monate bevor!

Ich bin nicht sehr freundlich durch die Menge der Kids zum Laptop meiner Tochter gepflügt und auch meine Ansprache an den Jungen, der daran herumfummelte war alles andere freundlich – hatte ich ihr nicht ausdrücklich gesagt, sie solle NIEMANDEN an ihr Notebook lassen? Immerhin wurde die Lautstärke umgehend heruntergedreht – meine Ohren klingelten dennoch – und die Lautsprecherboxen quittierten diese Reduzierung mit einer dankbaren Soundverbesserung.

Erst jetzt, als ich mich anschickte, die Hütte wieder zu verlassen, sprang mich das Bild des Grauens an. 
Ich glaube, mir blieb vor Scheck der Mund offen stehen – ein Anblick, für den viele, die mich näher kennen ein fürstliches Eintrittsgeld hingeblättert hätten. Meine letzten Haare werden wohl steil aufgerichtet gewesen sein und sämtliche Farbe hatte mein Gesicht verlassen:

Das war doch vor drei Stunden noch eine schicke, anheimelige Grillhütte gewesen – sauber, gemütlich, aufgeräumt.

Ich habe in meinem Leben schon mehr als nur eine Chaos-Party er- und überlebt, aber gerade jetzt bot sich mir ein Anblick wie nach einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg: Leere und halbvolle Flaschen kullerten, so sie nicht auf andere Hindernisse trafen, fröhlich quer durch den Raum. Benutzte Pappteller, Becher, Besteck und auch die eine oder andere angenagte Grillwurst und Hähnchenschenkel oder Flügel bedeckten den Boden.

Dazwischen wurde fröhlich getanzt – zum Glück, denn wer bewegungslos hier verharrte kam nach kurzer Zeit nicht mehr ohne Verlust seiner Schuhe von der Stelle.

Ich schloss die Augen, holte zweimal ganz tief Luft…

Neben mir stand plötzlich Wee und strahlte mich an.

„Die Party läuft so super! Danke, Papa!“

Mein Lächeln ob ihrer Worte wird wohl dem wölfischen Grinsen eines Mörders bei der Annäherung an sein Opfer geglichen haben – wortlos verließ ich die Hütte – ja, ich flüchtete förmlich Richtung Büro, wo ich mich dann in den Sessel vor dem Laptop fallen ließ und noch mehrmals tief Luft holen musste.

Ich kochte innerlich.

Bei allem, was mir jemals heilig gewesen sein sollte – so eine grenzenlose Schweinerei wie vor wenigen Minuten hatte ich in meinem wildbewegten Leben noch nicht gesehen – und dabei waren mir die Verwüstungen im umliegenden Gelände noch entgangen, weil ich nur da weg musste, wenn ich nicht explodieren wollte…

Mein erster Impuls war ehrlich gesagt, mir aus der Werkstatt eine Axt zu holen und die Party für beendet zu erklären…

Tief Luft holen, Reiner!

Immer nur ganz tief und langsam einatmen…

"Du wirst jetzt nicht die Spaßbremse sein, wie sonst immer. Du hast diese Party sogar angeregt und jetzt musst du da durch."

Mein schwärzester Moment in meiner langjährigen Mitarbeit in diesem Jugendhaus war 1988 eine Veranstaltung gewesen, an der 140 Skinheads teilgenommen hatten. Damals hatte ich mit 29 Jahren mein erstes Loch im Kopf (wirklich nur ein Versehen, keine Absicht eines Besuchers) und am Ende war eine Scheibe in der Eingangstür eingeschlagen worden – und das hatten wir damals schon als Super Gau empfunden…

Wie harmlos zu dem Chaos eben…

Ich zwang mich, eine DVD mit einigen M*A*S*H-Folgen einzulegen und schaffte es dann im Verlauf des Abends tatsächlich vier Folgen anzusehen – natürlich immer nur eine Folge, bevor ich mich auf eine Runde ums Gebäude begab und mit Entsetzen feststellte, wie sich immer mehr Flaschen und anderer Müll rund ums Haus ansammelten – von den Sauereien in den Toiletten ganz zu schweigen.

Da fiel es kaum noch ins Gewicht, dass ich mehrmals gezwungen war, einige übereifrige Jüngelchen aus der Mädchentoilette zu zerren, was mir unter den Freunden meiner Tochter ganz sicher noch weniger Sympathiepunkte eingehandelt hat.

Zwischendurch war meine Frau auch noch eingetroffen und hatte sich ganz mutig in das Getümmel gewagt, nur um zwei Stunden später, bevor sie dann entnervt mit dem Taxi nach Hause fuhr, im Büro vor mir zu stehen und über das Chaos zu schimpfen – „Du und deine Tochter – ihr seid  beide bekloppt!“ musste ich mir noch anhören, als ich ganz entgegen meines inneren Aufruhrs Atcharas Entsetzen zu beschwichtigen suchte. „Und da ist dieser Junge“, schimpfte sie weiter. „Ich hab ganz genau gesehen, wie der um Wee herumlungert und die immer berührt. Und Wee auch!“

Ja, stimmt, der Kerl war mir eben bei einem Kontrollgang auch aufgefallen, als er sehr nah – ZU NAH – bei Narissara saß und ich auch nur EINE seiner Hände sehen konnte. 

Leider verhindert der Empfang von Hartz IV-Leistungen seit Jahren den schon länger angedachten Kauf einer Schrotflinte…

Ich hab nicht mehr so viel Erinnerung an den weiteren Verlauf des Abends – jedenfalls bestand ich gegen halb Eins morgens darauf, die Party zu beenden. Die ersten Eltern hatten ihre Söhne und Töchter eh schon abgeholt und angesichts der Berge von Unrat, die sich in und um die Hütte stapelten, erschien mir diese Maßnahme angemessen – auch wenn sie von den anderen wieder als Schikane eines alten Sacks aufgefasst wurde.
Zum Glück blieben noch sechs Freundinnen und Freunde meiner Tochter da und halfen mit, das Chaos wieder zu beseitigen. Anderthalb Stunden später konnte ich dann die Hütte abschließen und mich selbst auf den Heimweg machen.

Die kurze Nacht verbrachte ich mit Albträumen, in denen ich in einem Meer benutzter Pappteller mit Kartoffelsalatresten und halbverzehrten Grillwürsten in die tiefsten Tiefen der Hölle gerissen wurde und das letzte, was ich sah, bevor die Müllberge über mir zusammenschlugen, war, wie das altehrwürdige Jugendhaus in einer dunklen Staubwolke in einen sich auftuenden Schlund gerissen wurde…

Schweißgebadet fuhr ich aus dem Schlaf: Samstagmorgen 6 Uhr.

Zeit aufzustehen und die Entsorgung des Leerguts in Angriff zu nehmen und dann vor allem früher als mit der Hausmeisterin vereinbart zum Jugendzentrum zu fahren und den ganzen übersehenen Unrat zu entfernen, bevor sie zur Schlüsselübergabe kommt und von einem Herzschlag dahingerafft wird…

Obwohl ich eine Stunde vor der Zeit eintraf war Waltraud schon im Einsatz und empfing mich lachend vor der Hütte.
„Na, die haben ja ganz schön rumgesaut“, begrüßte sie mich.
„Ich weiß, das hat mir auch keine Ruhe gelassen, deshalb bin ich jetzt schon hier, um – eigentlich vor deinem Eintreffen – noch einiges zu bereinigen.“
Waltraud winkte ab.
„Halb so schlimm. Aber jetzt weißt du, warum wir eigentlich solche Feiern nicht erlauben – auch keine 18. Geburtstage…“

Ja, ich hab’s kapiert – wirklich.

Obwohl die Hauptsache ist, dass meiner Tochter ihre Party Spaß gemacht hat – und das auch obwohl ihr nörgelnder Vater immer mit Leichenbittermiene ums Haus gestrolcht ist…