Vor zwei Wochen klingelte in meiner isolierten kleinen Welt
tatsächlich mal das Telefon und mein Arbeitsberater trat mit dem Vorschlag, an
einem ganz speziellen Seminar teilzunehmen an mich heran.
Seminar hörte sich schon mal ganz gut an.
Es sollte über zwei
Tage gehen und würde meinen ewig gleichen Tagestrott von Aufstehen –
Körperpflege – Frühsport / Morgenspaziergang – Frühstück – jede Menge Bücher
lesen, bis sie mir als erklärtem Vielleser schon beinahe wieder aus den Ohren
herauskommen, für kurze Zeit durchbrechen.
Es sollte unter Anleitung eines „berühmten VIP-Coaches“
trainiert werden, wie man bei Vorstellungsgesprächen schlagfertiger werde.
Wobei mir die Vorstellung, meine Schlagfertigkeit müsse speziell trainiert
werden, im ersten Moment fast ein Auflachen entlockt hätte.
"Wenn ich nicht schlagfertig bin," ging es mir durch den Kopf –
wer denn dann?
Aber die Aussicht auf zwei Tage Abwechslung auch in einem
für mich verschenkten Seminar ließ mich stumm bleiben und ganz
selbstverständlich sagte ich meine Teilnahme zu. Die Gelegenheit jemanden zu
treffen, der normalerweise VIPs – Politiker und Spitzenmanager – vor TV-Auftritten
auf die Gemeinheiten der Moderatoren vorzubereiten versuchte, sollte doch auch einem wie mir zum Vorteil gereichen…
Also trabte ich, gemeinsam mit elf weiteren ausgewählten
Leverkusener Langzeitarbeitslosen über 50, am Tagungsort an und hatte mich
innerlich auch ehrlich gesagt darauf vorbereitet, den „Herrn Doktor Soundso“
mal ganz gewaltig vorzuführen, schließlich war ich ja ein Meister des Wortes…
Ich will Euch nicht lange auf die Folter spannen:
Der genasführte war dann am Ende kleines, dickes Reiner:
Betrat ich am ersten Morgen noch ohne jegliche Erwartung auf einen für mich
praktischen Nutzen den Tagungsraum mit dem Gedanken, mir einen zweitägigen Spaß
auf Kosten des Vortragenden zu machen – so sollte ich am nächsten Nachmittag
als zum Paulus geläuterten Saulus den Ort verlassen.
Hochmut kommt halt immer vor dem Fall.
Man, was war ich von mir voreingenommen, als sich alle zwölf
reihum kurz selbst vorstellen sollten und ich das Gestotter so manch anderen
Teilnehmers vernahm.
„Wartet nur“, dachte ich noch, bevor der Kelch als Letztes
zu mir kam. „Jetzt kommt der Meister…“
Und der Meister kam – wie immer mit Zynismus und kleinen
eingestreuten Scherzen und Gemeinheiten in der Rede – und dann legte Dr.
Karsten Bredemeier los und Reiner, die Großschnauze bekam seine erste – nicht zu
knappe – Packung.
Zwei unendlich lange Tage
wurde mein eigener Mythos genüsslich zerpflückt und mir wurde immer mehr klar, dass
ich zwar wohl tatsächlich ein Mann des Wortes sei – aber in der Art, meine
Worte herüber zu bringen (vor allem gegenüber einem potenziellen Arbeitgeber)
gab es mehr als nur eine Unebenheit auszubügeln.
Also lernte ich mühsam zunächst einmal meine
maschinengewehrartigen Redeschwälle in ein gemäßigtes Tempo einzubremsen und
siehe da, die vielen „Ähs“ und „Ohs“ oder „Mhms“ in der vermeintlich flüssigen
Rede waren auf einmal verschwunden.
Permanenter Sichtkontakt zum Gegenüber sowie ein kleines,
aber feines Lächeln (Gott weiß, wie schwer mir das gefallen ist…!!!!) tun in
dieser Situation ihr Weiteres, um den Gesprächspartner auf mich und meine
Aussage zu fokussieren.
Es wäre müßig, den gesamten Seminarverlauf hier detailliert
wiederzugeben – tatsächlich wär’s wohl auch Geheimnisverrat, aber sollte jemand von
Euch jemals ein ähnliches Angebot erhalten, so sollte er – auch und vor allem,
wenn man es wie in meinem Fall ohne horrende Kosten angeboten bekommt – blind zugreifen,
denn lernen kann da JEDER.
Ich werde meine Gesprächsführung zwar weiter privat
trainieren müssen, denn letztendlich wurde bei dem Seminar lediglich der
Grundstein für eine bessere Selbstpräsentation gelegt, aber meinem nächsten
Vorstellungsgespräch sehe ich schon mit anderen Augen entgegen und denke mal,
dass ich auch eine Provokation wie seinerzeit in meinem Beitrag „Ein
Vorstellungsgespräch“ nunmehr mit einem freundlichen Lächeln und der Rückführung
des Gesprächs auf das „Kernthema, nämlich meine Vorstellung für die aktuell in
Ihrem Hause ausgeschriebene Stelle als…“ souverän werde umschiffen können.
Tja, und so wurde aus dem Großmaul Reiner Wolf – was nun
wirklich nicht alle Tage vorkommt – tatsächlich einmal Reiner, der Kleinlaute…
Einen schönen zweiten Advent wünsche ich Euch noch…
HIer gibt es übrigens noch einen kleinen Clip zum Thema, mit dem Arbeitgeber dazu aufgerufen werden, Jobsuchenden über 50 Jahren mit Arbeitsstellen zu helfen:
http://www.youtube.com/watch?v=sns1Y1EzeOU
HIer gibt es übrigens noch einen kleinen Clip zum Thema, mit dem Arbeitgeber dazu aufgerufen werden, Jobsuchenden über 50 Jahren mit Arbeitsstellen zu helfen:
http://www.youtube.com/watch?v=sns1Y1EzeOU
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