Wer
beim Lesen gerne Hintergrundmusik hört, sollte sich für diesen Beitrag
vielleicht passenderweise Lalo Schifrins Titelmusik der 60er-Jahre-Kultserie „Mission:
Impossible“ eingedeutscht „Kobra, übernehmen Sie“ in den MP3-Player laden. Die
Neuversion anlässlich des Kino-Remakes der beiden U2-Mitglieder lasse ich auch
durchgehen…
Als mir im April
2009 die Kündigung überreicht wurde, war ich eigentlich noch recht guter
Dinge, dass es nicht so schwer sein könne, wieder einen adäquaten Job zu
finden. Schließlich war mir das in der Vergangenheit immer wieder gelungen.
Bekannte nahmen es auch gelassen: „So lange wie ich dich jetzt kenne, Wolf – du
fällst immer wieder auf die Füße; wie eine Katze…“. Ob es daran lag, das die
Überlebenschancen einer Katze auf neunmal beschränkt sind und ich dieses Limit
im Laufe meines bewegten Lebens nunmehr überschritten hatte – nach einigem Hin
und Her mit Kündigung, Wiedereinstellung und nicht überraschender
Wiederentlassung verrann die Zeit wie in einem Stundenglas und mehr und mehr
wurde mir bewusst, dass es diesmal alles andere als einfach werden würde, eine
angemessene Anstellung zu finden, mit der nicht nur mein Überleben, sondern
auch das meiner Frau und Tochter gesichert werden konnte.
Zu
allem kam noch hinzu, dass die Anstellung als stellvertretender Lagerleiter in
einem neuen Betrieb knapp anderthalb Jahre später, durch einen Herzinfarkt
während der Probezeit, ein jähes Ende fand. Ich lag gerade mal in der Klinik
auf dem OP-Tisch, als mein Chef mich kontaktierte – was ich natürlich erst nach
dem Eingriff feststellte – und mir – oh welche Verwunderung!- da noch in der
Probezeit, schnell mal kündigte, bevor er ein gesundheitliches Wrack in seinem
Betrieb weiterbeschäftigte.
Nach der Genesung
hieß es also wieder,
sich arbeitslos melden und wackeren Herzens ran an die Jobsuche.
Der
Mut sank allerdings recht schnell, denn es ging entgegen meiner Vorstellung gar
nicht aufwärts, sondern der Fahrstuhl meines Lebens schlug rigoros und ohne
vorherige Rücksprache mit meinem eh schon angeknacksten Ego eine unaufhaltsame
Talfahrt ein – bis hinab in den Status eines Hartz-IV-Empfängers. Genau der
Status, den ich mir mein ganzes Leben schon immer gewünscht hatte…
Nachdem
ich im Arbeitsamt schon mehrmals nach der Möglichkeit einer Qualifizierung
gefragt hatte und nur verneinendes Kopfschütteln erntete, dämmerte mir, dass ich
meine zukünftigen Ansprüche an eine neue Stelle gehörig zurückschrauben musste:
Zum Lagerleiter oder in anderen Führungspositionen trotz langjähriger
Berufserfahrung nicht qualifiziert genug und für eine Anstellung als gemeiner
Lagermitarbeiter eben ob dieser Erfahrungen angeblich überqualifiziert.
Da stand ich nun,
ich armer Tor….
Im
August 2012 kam mein Arbeitsberater dann tatsächlich auf den glorreichen
Gedanken, mich zu einer Weiterbildungsmesse zu beordern, mit dem Auftrag, mich
über die Möglichkeiten einer Qualifizierung zu informieren. Ich schluckte die
Frage, warum es auf einmal doch möglich war, eine solche Maßnahme ins Auge zu
fassen, herunter und tat wie mir geheißen und tatsächlich konnte ich mich für
die Qualifizierung zur Fachkraft für Lagerlogistik erwärmen, hoffte ich doch,
dass sich meine Arbeitsmarktchancen dann verbessern würden.
Doch zunächst
musste ich erst einmal in Bergisch Gladbach einen Idiotentest absolvieren, in dem geklärt
werden sollte, ob ich in meinem Alter (also wirklich! Wer ist denn hier alt?)
überhaupt noch aufnahmefähig genug sei, um eine Schule zu über- und natürlich
auch zu bestehen. Es war ein Test, wie ich ihn noch aus den 70er Jahren kannte,
als ich mal aus Jux und Tollerei meinen IQ ermitteln ließ (IQ war vorhanden!).
Laut meinem Arbeitsberater bestand ich auch diese Hürde „überdurchschnittlich
gut“ – was immer das auch heißen mag und meiner Teilnahme an einer
gewerblich-technischen Qualifizierungsmaßnahme stand nichts mehr im Weg.
Ich
nahm vier Angebote in Köln unter die Lupe und entschied mich für die – vermeintlich
– seriöseste Schule…
UND PACKTE NATÜRLICH
GLEICH WIEDER IN DIE SCHEISSE!
Pünktlich
zu meinem Geburtstag im Februar 2013 schenkte ich mir die Umschulung und begab
mich frohen Mutes an meine Ausbildungsstätte, in der ich bis zum August fleißig
zu lernen gewillt war. Eine Dame nahm mich in Empfang, pferchte mich in ein
Zimmer mit 4 Damen, die sich zur Bürokauffrau qualifizieren wollten,
ermöglichte mir das Login in meinem persönlichen Computer, drückte mir ein
Fachbuch „Logistische Prozesse“ in die Hand und…
… und
dann saß ich da.
Mehrere
Wochen lang und auf Nachfrage, wann denn endlich mal ein Unterricht in meiner
Berufsgruppe stattfinden würde, gab es von Seiten des Institutsleiters immer
nur Gebrabbel und Vertröstungen auf später, weil die entsprechenden Umschüler
zur Zeit im Praktikum seien und so verrann wieder die Zeit, in der ich ein
Fachbuch nach dem anderen durcharbeitete – bis Ende April.
Da
gab es plötzlich ein Rundschreiben der Institutsleitung, in der unsere Pflicht die
Anwesenheit zu dokumentieren thematisiert wurde. Okay, da hatte man schon
recht. Es war üblich, dass einige um 10 Uhr kamen und um 12 Uhr wieder gingen
und sich für die gesamte Zeit von 8 Uhr bis 16.30 Uhr als anwesend eintrugen.
Aber der Rebell
Wolf hatte plötzlich ein rotes Tuch vor Augen.
Die
Teilnehmer hatten nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte.
Also
stand der kleine Dicke am folgenden Montagmorgen vor dem Institutsleiter und
wies ihn freundlich aber bestimmt darauf hin, dass Pflichten auch Rechte
beinhalteten und neben unserer Anwesenheitspflicht hätten wir ja wohl auch ein
Recht – das Arbeitsamt zahlte schließlich nicht gerade wenig Geld hierfür – auf
eine Unterrichtung. Hauptsächlich dachte ich da an Kollegen, die nicht über
meine weitläufige Berufserfahrung verfügten und vor allem nicht die Selbstdisziplin
besaßen, sich selbst ernsthaft mit der Fachliteratur zu befassen und
stattdessen halt den PC-Zugang zum daddeln in verschiedenen Foren nutzten. (Ich
hab auch bei der letzten praktischen Prüfung keinen von denen getroffen, was
heißt, dass sie den schriftlichen Teil schon nicht bestanden hatten).
Der Institutsleiter
bekam einen roten Kopf, stammelte wieder wirres Zeug und versprach mir unter
anderem, sich umgehend darum zu kümmern und er würde am Nachmittag zu mir
raufkommen. Das war am ersten Montag im Mai 2013 und bis zum meinem Fortgang am
6. August desselben Jahres sollte ich diesen Mann nicht mehr zu Gesicht
bekommen.
Immerhin
fanden in der Folge wenigstens einmal wöchentlich Workshops statt, in denen
etwas Wissen vermittelt wurde.
Zur schriftlichen
Prüfung ging ich mit gutem Gewissen, denn dank eines Dozenten (Vielen Dank, Herr Heuser!), der mir die
offiziellen Prüfungen der letzten Jahre zukommen ließ, hatte ich in den letzten
Wochen zahlreiche Tests gemacht und alle samt und sonders bestanden, was mir
dann auch im realen Prüfverfahren gelang, wenn auch nicht so gut, wie ich mir
selbst erhofft hatte. Aber letzten Endes sagte ich mir, dass das Bestehen egal
mit welcher Note das Ziel sein sollte.
Dementsprechend
locker ging ich dann am letzten Donnerstag auch zur praktischen Prüfung, wohl
wissend, dass mir hier meine weitläufigen Berufserfahrungen eine große Hilfe
sein würden.
Sein sollten…
Als
ich zur ersten von zwei Prüfungsaufgaben eine Inventur durchführen sollte,
wollte ich mich schon wieder gönnerhaft zurücklehnen – aber dann kam als
kleines Extra noch die kaufmännische Auswertung derselben hinzu; mit Hilfe von
Excel-Tabellen und entsprechenden Formeln, die ich nicht beherrschte – im Institut
wurden solche Kurse zwar für die Kaufleute angeboten, aber niemand war jemals
auf den Gedanken gekommen, mich oder meine Kollegen darauf hinzuweisen, dass Fachkraft
für Lagerlogistik im Gegensatz zum Fachlageristen ein kaufmännischer Beruf ist.
Auf jeden Fall fiel
mir da tatsächlich beinahe ein Ei aus der Hose, denn in den 55
mir zur Verfügung stehenden Minuten, war das auf kommerziellem Weg nicht zu
schaffen und dementsprechend erzielte ich in dieser Aufgabe ein mehr als mieses
Ergebnis. Mit den Worten „Das reicht wahrscheinlich nicht“ wurde ich, nunmehr
schon fast mutlos, zur zweiten Aufgabe geschickt.
Ich
schlug drei Kreuze, dass hier eine Tourenplanung, die Beladung eines LKW und
die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen gefordert wurden. Hatte ich im ersten
Teil viel zu wenig Zeit, war ich hier inklusive Fachgespräch nach wenig mehr
als der Hälfte der Zeit fertig und fuhr 95 von 100 Punkten ein, die mir
letztendlich den Arsch retteten.
Ihr könnt euch
sicher vorstellen,
dass mir mehr als nur ein Stein von meiner eh schon leidgeplagten Pumpe fiel,
als ich eine halbe Stunde später meine Prüfungsbescheinigung – wenn auch nur mit der
Gesamtnote befriedigend – in Händen hielt. Aber wie ich schon mal sagte, das
Ziel war zu bestehen – so gut wie möglich, aber halt zu bestehen.
In
dem Sinne: Mission ERFÜLLT.
Bleibt nur zu hoffen, dass diese Bemühungen meinerseits jetzt auch von potentiellen
Arbeitgebern honoriert werden. Ich weiß, dass ich durch ehrliche Arbeit niemals
reich werde, aber ich möchte doch genug für meine Tätigkeit bekommen, dass
meine Familie und ich zukünftig ohne staatliche Almosen und die Verachtung
einiger Mitmenschen durch das Leben gehen können.
Ein schönes
Wochenende wünsche ich euch allen – und wenn von euch auch welche gerade nicht
auf dem Siegerpfad wandeln: Aufgeben und Däumchen drehen ist der falsche Weg!
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