Dienstag, 22. Oktober 2013

Mensch Zweiter Klasse

Ich weiß, schon alleine wegen meiner angeschlagenen Pumpe sollte ich mich viel weniger aufregen.
Was natürlich viel einfacher gesagt als getan ist:

Wie jeder normale Mensch habe auch ich ein Bankkonto. Auf dem natürlich meistens Flaute herrscht, da das monatliche Hartz-IV-Salär nun mal nicht zum Anhäufen übermäßiger Reichtümer taugt. Auch die im Januar erfolgende Erhöhung um 9 Euro monatlich - immerhin 30 Cent pro Tag! - wird an diesem Umstand nichts ändern.

Da im Laufe von viereinhalb Jahren Arbeitslosigkeit auch die Zahlungsfähigkeit stark gelitten hat, war es zu Beginn des Jahres leider nicht mehr abzuwenden, mein seit beinahe zwei Jahrzehnten bestehendes Konto bei einer Leverkusener Bank in ein so genanntes Pfändungsschutzkonto umzuwandeln, um zu vermeiden, dass sich irgendein Gläubiger - zu Recht oder Unrecht sei hier einmal dahingestellt - an meinem immensen Vermögen gütlich tut.

Natürlich hab ich mich auch damit abgefunden, dass die Gebühren für dieses Konto - im Gegensatz zu einem Urteil des BGH vom Frühjahr des Jahres - mal locker das doppelte betragen und auf die bisher so bequeme Nutzung als Onlinekonto musste ich nach Aussagen der Bankmitarbeiter bisher auch verzichten.

Dass mein monatliches Salär nach Eingang auf dem Konto erst einmal eine einen Arbeitstag währende Überprüfung auf Herz und Nieren über sich ergehen lassen muss - man will ja vermeiden, dass ich unrechtmäßigerweise zu viel Geld in die Finger bekomme - geht mir mittlerweile ja schon fast kalt am Arsch vorbei. Ich habe mich damit arrangiert und teile mein Budget entsprechend ein - auch wenn's schwerfällt...

Heute durfte ich erfahren, dass man sich eine neue Schikane ausgedacht hat:

Hin und wieder überweise ich kleinere Summen auf mein Konto, um Rechnungen und Onlineeinkäufe zu bezahlen. Das ist immerhin billiger, als die halsabschneiderische Gebühr von 15 Euro für eine Bareinzahlung.
Selbstverständlich bin ich bei diesen Selbsteinzahlungen immer darüber im Bilde, dass ich meinen monatlichen "Freibetrag", also die Summe, die bei einem Alleinstehenden als unpfändbar gilt, nicht überschreite. Wäre ja auch blöd, weil dann wär's futsch, von einem Gläubiger, so denn einer vor dem Konto lauert, vereinnahmt.

Bei meiner heutigen immensen Einzahlung von 50 Euro - ein Betrag knapp unter der Grenze zur Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz - wurde die Bankmitarbeiterin plötzlich richtig nervös, lief von einem Kollegen zum nächsten und meinte nach Beendigung ihrer Lauferei betont dezent, aber immerhin so, dass es jeder Kunde in der Filiale mitbekam, mich darauf hinweisen zu müssen, dass ich ein Pfändungsschutzkonto führe.

"Ja", sagte ich salopp, "Das hab ich mal so eingerichtet. Wird schon seinen Grund haben..."
"Ja, sie wollen aber Geld darauf einzahlen..."
"Dazu soll ein Konto eigentlich dienen", erwiderte ich, nunmehr leicht genervt. "Man überweist Geld darauf, bucht davon ab und manchmal hebt man etwas ab oder zahlt etwas ein..."
Sie haben ein P-Konto", versucht sie es erneut. "Da ist das nicht üblich..."
"Oh", jetzt bin ich wirklich kurz davor stinkig zu werden. "Ist das jetzt nicht mehr erlaubt? Gab's eine Änderung in den Kontoführungsbedingungen?"

"Nein, nein", die Dame windet sich, als wolle sie einem Leprakranken sagen, dass ihm gleich die faulende Hand auf die Straße plumpst. "Aber ich muss sie darauf hinweisen..."
"Gute Frau", und wenn ich zu jemanden "Gute Frau" sage, kann man sich vorstellen, dass - wäre ich Hutträger - dieser schon fünf Zentimeter über meinem Haupt schweben würde.
"Das Konto habe ich selbst - meinereiner - absichtlich so eingerichtet."
"Sie verstehen nicht..."
"Doch ich verstehe sehr wohl!"

Ich bin ja ein sarkastischer Sack und so konnte ich es mir nicht verkneifen, mich von der Theke abzuwenden und mich an die wartenden anderen Kunden zu wenden.
"Liebe Kunden dieser Bankfiliale - wenn Sie vielleicht eine Minute Zeit hätten, um sich zu mir an diesen Schalter zu gesellen..."
Verständnislosigkeit in den Blicken der Bankangestellten wie auch bei den anderen Kunden. Aber 4 oder 5 kommen tatsächlich zu mir herüber.
"Ich möchte der Bankangestellten nur die Arbeit etwas erleichtern", erkläre ich den Lauschenden. "Als Hartz-IV-Empfänger habe ich ein so genanntes P-Konto, bin also ein Kunde zweiter Klasse und die Dame hier möchte gerne darauf aufmerksam machen..."

Knallrot ist nicht die richtige Farbe, die das Gesicht der Mitarbeiterin annimmt.
"Sie haben das falsch verstanden..." stammelt sie.
"Nein habe ich nicht. Sie versuchen, bemüht dezent darauf hinzuweisen, dass ich ein Kunde zweiter Klasse bin. Vielleicht sollte man für meine Art Kunden wieder eine Kennzeichnungspflicht wie seinerzeit den Judenstern einführen, damit auch jeder merkt, dass ich nur Abschaum und als Kunde geduldet bin..."
"ja, aber ich wollte doch nur", sagte sie fassungslos und nahm endlich meine 50 Euro an - nicht ohne auf dem Einzahlungsbeleg zu vermerken "Kunden auf Einzahlung hingewiesen" - was immer das letztlich bedeuten soll. Schließlich war eine Einzahlung auf mein Konto doch genau das, was ich eigentlich nur in aller Kürze vornehmen wollte...

Als ich kurze Zeit später - immer noch voller Wut - in den Bus einstieg und mich dabei mit meinem Mobilpass-Fahrausweis legitimierte, fiel mir ein, dass man doch auch hier ein eindeutiges Kennzeichen am Kunden anbringen könnte, damit die Busfahrer sogleich merken, dass ein zweitklassiger Kunde zur Beförderung ansteht.
Und überhaupt, die damalige Idee mit dem Judenstern der Nazis, könnte man doch gut auch auf die heutige Zeit übertragen und minderwertige Mitglieder der Gesellschaft schon aus der Ferne kennzeichnen.

Ich schlage da eine weiße Binde mit einem braunen Scheißhaufen vor - wahlweise am rechten oder linken Oberarm zu tragen, damit auch jeder schon von weitem erkennen kann, dass der Träger zum Abschaum der Gesellschaft gehört...

Na ja, wie immer ist das wieder etwas übertrieben - aber jetzt ist wenigstens meine Wut verraucht.

Einen schönen Tag wünsche ich Euch noch...

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