Freitag, 23. August 2013

Ein Vorstellungsgespräch

Nachdem ich vor kurzem meine Schulung in Köln mit Erfolg - was immer das heißen mag - abgeschlossen habe, ist in den letzten drei Wochen wieder verstärkt der Blick auf den Stellenmarkt angesagt. Immerhin hab ich schon wieder knapp 30 Bewerbungen rausgeschickt.

Die üblichen Absagen ließen natürlich nicht lange auf sich warten - aber hin und wieder zeigt dann doch jemand Interesse an meiner Person und ich durfte mich in den letzten zwei Wochen auch tatsächlich bereits dreimal bei potentiellen Arbeitgebern vorstellen.

So auch heute morgen in Köln.

Nachdem ich in den letzten beiden Fällen mit positiver Verwunderung feststellen konnte, dass mittlerweile sogar die von mir überhaupt nicht geliebten Zeitarbeitsfirmen bereit zu sein scheinen, für meine Arbeitsleistung eine angemessene Entlohnung zu leisten, ging ich dann heute auch nicht mit der sonst üblichen Haßkappe bewaffnet zu meinem Termin.

Der Hammer kam dann allerdings in Person des Mannes, der mir als Ansprechpartner für meine vorliegende Bewerbung genannt wurde - Herr Müller.

Ein kurzer Händedruck, die Einladung in sein Büro und bitteschön Platz zu nehmen - das Übliche halt.
"Sie haben sich bei uns auf welche Stelle beworben?"
Meine gute Laune war schlagartig auf dem Nullpunkt.

Das gab es doch nicht!

Ich werde aufgrund einer Bewerbung zu einem Gespräch eingeladen und mein Gesprächspartner hat keine Ahnung, was ich von ihm will...

"Als Fachkraft für Lagerlogistik - das sollte Ihnen aber eigentlich vorliegen..." Ich blieb erstmal höflich, wer weiß, wozu es gut ist.
"Ich habe keine Unterlagen - oder sehen Sie vor mir welche?"

"Ich bin schon verwirrt", entgegnete ich - immer noch etwas höflich. "Man hat mich heute eingeladen und da meine Bewerbung samt Unterlagen bei Ihnen im Haus vorliegen, bin ich davon ausgegangen, dass Sie sich auf unser Treffen vorbereitet hätten. Die Höflichkeit gebietet so etwas normalerweise und an Ihrer Stelle hätte ICH dies selbstredend so gehandhabt."

Herr Müller warf mir einen Blick zu, der unterdrückte Wut andeutete und erhob sich unwillig von seinem Platz um im PC meine Bewerbung aufzurufen und dann seine Mitarbeiterin zu bitten, ihm die Ausdrucke zu bringen.

Na bitte, dachte ich noch im Stillen. Geht doch.

Die Unterlagen - allerdings lediglich mein Lebenslauf, nicht jedoch ebenfalls vorliegende Zeugnisse oder Zertifikate - wurden Herrn Müller gereicht und er ließ sich dazu herab, mal eben über die zwei DIN-A-4-Seiten zu blicken.

Seine erste Frage bezog sich auf eine Stelle, die 20 Jahre zurücklag und nichts mit der aktuellen Bewerbung zu tun hatte - aber ich bin ja höflich und gab ihm - allerdings schon mit einem gewissen Unwillen - die gewünschte Auskunft.

Ein paar belanglose Sätze wechselten hin und her. Als er feststellte, dass ich im November noch meine IHK-Prüfung ablegen muss, murmelte er irgendwas von "Fachkräfte für Lagerlogistik werden heutzutage zuhauf ausgebildet", was in mir den Gedanken reifen ließ, meine Qualifikation wäre in seinen Augen offensichtlich mit einem Clownspatent gleichzusetzen.

Aber ich bin ja geduldig und irgendwann näherte sich das Gespräch dann tatsächlich mal dem Kern der Sache, meinen letzten Tätigkeiten als leitender Mitarbeiter und im Lagerwesen. Natürlich kam die Rede auch auf meinen Abgang beim letzten Arbeitgeber.

Immer noch geduldig erklärte ich Herrn Müller, dass wir im Streit auseinander gingen und sich die ganze Geschichte über gut zehn Monate hinzog, da ich gegen die erste Kündigung erfolgreich klagte und auch den zweiten Anlauf der Firma vor Gericht zu meinen Gunsten abschmettern konnte, dann aber selbstverständlich nicht mehr auf Wiedereinstellung bestanden habe.

"Wieso klagen Sie denn auf Wiedereinstellung?"

So langsam platzte mir der Kragen...

"Das ist der normale Weg bei einer Kündigungsschutzklage", erklärte ich Herrn Müller in einem Ton, den ich normalerweise bei meiner Tochter verwendet hätte, wenn sie etwas absolut nicht verstehen will. "Man klagt gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung mit dem Ziel, diese außer Kraft zu setzen. Das ist zwangsläufig gleichzusetzen  mit einer Wiedereinstellung oder Weiterbeschäftigung. Manchmal kann aber auch vor Gericht festgestellt werden, dass eine Weiterbeschäftigung keiner der beiden Parteien hilft. Dann einigt man sich auf eine Abfindung..."

"Danke für Ihre Belehrung." Jetzt war Herr Müller sichtlich angefressen und ich grinste heimlich und genüsslich in mich hinein.
"Sie haben mich gefragt und ich beantworte gerne jede Frage zur allgemeinen Zufriedenheit. Das nennt man auch Höflichkeit..."

Der Blick des Herrn Müller offenbarte nunmehr schon eine gewisse Mordlust.

"Ja aber warum haben Sie denn nicht eine Abfindung genommen?"
"Sehen Sie", ich war ja immer noch bemüht, die Mindestanforderungen der Höflichkeit zu wahren, aber der Typ ging mir langsam aber sich auf den Sender.
"Ich hätte dann kurzfristig zwar eine fünfstellige Summe in der Tasche gehabt - aber immer noch keine Arbeit, um meine Familie zu ernähren. Geld ist schön und gut aber in dem Falle leider auch nicht von besonderer Bedeutung."

"Ja aber, sie wären dann schon etwas jünger gewesen..."

JETZT platzte mit der Kragen.

Ich blickte seine Mitarbeiterin an, zwinkerte ihr kurz zu und legte mindestens ein Kilo Hohn und Spott auf jedes einzelne Wort meiner Antwort.
"Das hab ich ja noch gar nicht bedacht. Ich hätte Geld in der Tasche gehabt und wäre 10 Monate jünger gewesen. DAS hätten potentielle Arbeitgeber GANZ SICHER ganz anders goutiert..."

Hätte Herr Müller einen Hut getragen, wäre der jetzt mindestens fünf Zentimeter über seinen Haarspitzen geschwebt.

"Herr Wolf, noch bleibe ich ruhig", sagte er und ich konnte ihm deutlich ansehen, dass er mir am liebsten den Hals umdrehen wollte. "Aber ich kann dieses Gespräch auch abbrechen..."

"Nein, das brauchen Sie nicht", fiel ich ihm ins Wort und stand auf. "Das mache ich nämlich jetzt, denn weder ihre mangelhafte Vorbereitung auf unser Gespräch noch Ihre Art der Fragestellung finden meinen Gefallen."

Ohne einen Gruß verließ ich das Büro.

Der namenlosen Mitarbeiterin und besagtem Herrn Müller fielen die Unterkiefer auf die Brust - das war zumindest das Letzte, was ich von denen noch wahrnahm, bevor ich das Gebäude verließ.

Ich muss meine ohnehin nicht mehr übermäßig vorhandene Restlebenszeit ganz sicher nicht mit jedem Idioten vergeuden...

Es gibt auch andere Arbeitgeber...

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