Montag, 22. Juli 2013

Die Bahn kommt an - aber wann?

In den letzten sechs Monaten hatte ich wegen einer Umschulung das zweifelhafte Vergnügen täglich auf die Beförderung durch den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angewiesen zu sein. Ein Vergnügen allerdings, auf das ich herzlich gerne verzichtet hätte und in Zukunft, so Gott walte, auch tunlichst nicht in Anspruch nehmen möchte.

Ich bin in mehr als 50 Jahren noch nie so oft zu spät gekommen wie in diesem halben Jahr!

Da zwingt man als notorische faule Sau jeden Morgen seinen Arsch zwischen 4.30 Uhr und 4.50 Uhr aus dem Bett, um die mit zunehmendem Alter immer aufwendigere Morgentoilette erledigt zu haben, bevor um 6.40 Uhr der Bus Richtung Bahnhof Leverkusen Mitte ab rauscht.
Frühstücken will man ja auch noch eine Kleinigkeit...

Hat man dann noch das große Glück, dass die ebenfalls andauernd zumindest im Minutenbereich verspäteten Busse einen rechtzeitig aufgelesen haben und die erste Etappe bis zum Bahnhof bewältigt wurde kommt die erste böse Überraschung: Heute, erster Ferientag in unserem Bundesland, kommen die Züge wegen vermindertem Verkehrsaufkommens wie Kraut und Rüben, entweder viel zu spät oder gar nicht.
Oder aber ein eh schon verspäteter Zug trifft ein, den man in der Hoffnung betritt, dadurch wenigstens einen Teil der Verspätung der ursprünglich eingeplanten S-Bahn, ausgleichen zu können. 

Und was Wunder, besagter Zug steht und steht und steht. 

Mittlerweile trifft die um 20 Minuten verspätete S-Bahn endlich ein und just in dem Moment, da diese sich wieder in Bewegung setzt, ertönt im meinem "Ersatzzug" die Durchsage: "Sehr verehrte Fahrgäste aufgrund von Was-weiß-ich-was-die-wieder-für-eine-verschissene-Ausrede-haben endet dieser Zug hier. Sie können ersatzweise...!"
Ich glaube niemand nimmt mir übel, dass meine Ohren in diesem Moment ihre Tätigkeit total einstellen und sich stattdessen einen glühendheiße Woge der Wut durch meinen Körper frisst, die sich in dem Aufschrei: "In zwei Wochen bringe ich einen dieser Bahnwichser um! Ich schwöre!" Bahn bricht.

Die irritierten Blicke meiner frustierten Mitfahrgäste übergehe ich an dieser Stelle mal.

Also ab in den - ebenfalls mit unsagbarer Verspätung eintreffenden - Ersatz-Ersatzzug. Natürlich hat sich jetzt eine richtig große Menge an Menschen angesammelt, die irgendwie und irgendwann doch noch mal zu ihrer heiß geliebten Arbeitsstelle vordringen möchten. Und die ganze Bande drängt natürlich auf Teufel-komm-raus in den zuvor schon nicht leeren Zug.

Erwähnte ich schon mal, dass eines meiner zahlreichen Gebrechen Platzangst ist?

Also richtig spaßig, wie ein Hering in einer Fischbüchse mit wildfremden Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht zu werden.
Meine Nase reibt sich an der schrankbreiten Schulter einer älteren Matrone, während die Hand eines/einer mir wildfremden Person (die, da ich den Kopf nicht drehen kann, auch keinem bestimmten Geschlecht zugeordnet werden kann) sich verdächtig meinem linken Ei NÄHERT und mein rechter Fuß verheddert sich irgendwo - ich will gar nicht wissen wo -, Hauptsache ich bin da später wieder lebend und in einem Stück herausgekommen.

Gottverdammich - zwischen Panikattacken schießt mir durch den Kopf, dass es Hunderte von Vorschriften und drakonische Strafandrohungen für den Transport von Schweinen, Hühnern und allerlei anderem Viehzeug gibt - aber Menschentransporte sind scheißegal. Die kann man notfalls zu dritt übereinander und auch noch quer stapeln, Hauptsache, die haben den Fahrpreis ordnungsgemäß entrichtet...

Um mein unsägliches Glück an diesem Morgen auch zu komplettieren quetscht sich noch so ein Hirnie in vollem Radfahrerdress inklusive ordnungsgemäß aufgesetztem Helm samt seinem Rennrad in das Gewühl, haut sein Fahrgerät nicht nur mir mal eben kurz in die Weichteile und grinst einen auch noch fröhlich an.
Wahrscheinlich denkt er gerade daran, wie sehr er die Blondine in seinem Büro wieder beeindruckt, wenn er in dieser Aufmachung vor der Firma vorfährt, sich zwei bis vier abgestrampelte Schweißtropfen von der Stirn tupft und den sportlichen Öko mimt, obwohl er 200 Meter zuvor erst nach kilometerlanger Bahnfahrt wieder einen Fuß in die Pedale gedrückt hat.

Wer keine andere Möglichkeit seine Kollegin anzubaggern kennt...

Ich brauche nicht extra zu erwähnen, dass das ganze Gewusel am Kölner Hauptbahnhof auch wieder in einem schrecklichen Gewirr aus verknoteten Gliedmaßen, Aktentaschen, Rucksäcken und eben dem erwähnten Rennrad auf den Bahnsteig hinausdrängt, sich dort aber nicht etwa verstreut, sondern mit einer weiteren Masse anderer Personen vermischt, die in eine weitere Bahn einsteigen muss, um ihrem ersehnten heißgeliebten Arbeitsplatz entgegen zu hecheln...

Und wenn ich dann mal mit mehr, mal mit weniger Verspätung - in den allerseltensten Fällen auch mal pünktlich - in den Klassenraum trete, wundern sich meine Mitschüler dann auch noch, warum ich wieder einmal die allerbeste Laune habe, bevor mir noch irgendeiner von ihnen oder der Dozenten in die Quere gekommen ist...

In dem Sinne, einen schönen Tag noch - und nicht vergessen: Man muss dieses ganze Prozedere auch noch für die Rücktour in Kauf nehmen...
Und morgen mit dem selben Fleiße - geht's dann auch wieder an die gleiche Scheiße...

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