Donnerstag, 11. Juli 2013

Pest oder Cholera

Meine gewerblich-technische Qualifizierungsmaßnahme, in die die Jobbörse Leverkusen viel Geld investiert hat, endet in wenigen Wochen. Und obwohl die abschließende IHK-Prüfung zur Fachkraft für Lagerlogistik im November noch aussteht, wird es nunmehr wieder Zeit, sich den vielfältigen Angeboten auf dem Arbeitsmarkt zu widmen. 
Sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn da nach nunmehr über vier Jahren des Herumgammelns nicht endlich auch mal wieder eine Anstellung für meine Wenigkeit herausspringen sollte - immerhin habe ich mein größtes Manko - fehlende Qualifikation - in den letzten Monaten angegangen.
Eigentlich habe ich nichts anderes erwartet, als das, was mich dann nach Eingabe meiner Suchparameter bei der staatlichen Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit mehr oder weniger ansprang.

Im ersten Moment frohlockender, verhaltener Jubel - immerhin spuckt die Börse gut und gerne 200 Jobangebote in der näheren Umgebung aus - doch der zweite Blick offenbart dann das zuvor schon oft reklamierte Elend: 190 von diesen Stellen sind lediglich über Leiharbeitsfirmen zu haben, Das heißt dann nichts anderes, als Arbeit zu haben, ohne davon jedoch sich selbst - geschweige denn Frau und Kind - ernähren zu können.

Es ist schon eine richtige Seuche.

War die ganze Leiharbeitsgeschichte zu Beginn nur ein Nebenzweig des Arbeitsmarktes, bei dem man sich saisonale Arbeitskräfte relativ unkompliziert besorgen konnte, um Auftragsspitzen im Betrieb auffangen zu können und ohne langfristig an nicht weiter benötigte Mitarbeiter gebunden zu sein, ist dieser Zweig nunmehr vollkommen marktbeherrschend.
Kaum noch ein Arbeitgeber schreibt seine offenen Stellen auf dem freien Markt aus, sondern beauftragt direkt die moderne Form der Sklavenhändler mit der Beschaffung von Arbeitskräften. Und das nicht etwa, weil Leiharbeiter - wie viele heutzutage immer noch zu glauben bereit sind - den Arbeitgeber billiger kämen. 

Nein, nein, nein - ganz und gar nicht. 

Teilweise kann ein Leiharbeiter einen Unternehmer sogar teurer kommen.
Aber der große "Vorteil" an einem Mitarbeiter auf Leihbasis ist halt der, das man zum ersten die ganzen Lohnnebenkosten auf den Verleiher abwälzen kann und vor allem - man hat keinen Ärger mit dem Mitarbeiterpack.
Es war noch nie so einfach Leute wieder aus seinem Betrieb zu bekommen, wie heute. Der/die Leihmie (ich weiß, blöde Wortschöpfung) ist krank - kein Problem, der Sklavenhändler hat Ersatz auf Lager. Der/die Leihmie hat Urlaub - sofortiger Ersatz wird natürlich prompt geliefert. Und die Nase des/der Leihmie passt mir nicht - aber hallo, ganz schnell einen anderen her!

Das ist die eine Seite.

Die andere Seite, die des Verliehenen, des modernen Sklaven - sieht bei weitem alles andere als rosig aus. Von ihm wird verlangt, den gleichen Einsatz zu zeigen, die gleiche Arbeit zu verrichten wie die im Betrieb direkt beschäftigten Kollegen und bekommt dafür aber zwischen 40 und 60 % weniger Lohn. Einen Großteil streicht der Sklavenhändler ein, inklusive natürlich eventueller Zulagen für Mehrarbeit und so weiter - da kommt in den seltensten Fällen auch nur ein Cent beim Arbeiter selbst an.
Es liegt im Interesse der Verleiher, Geld zu verdienen. Soll er auch - eine einmalige "Kopfprämie" auf eine vermittelte Arbeitsstelle findet durchaus meine Zustimmung.

Aber es ist nur noch als Sauerei zu bezeichnen, wenn ein Leiharbeiter auf Monate und oftmals Jahre hinaus einen Großteil des ihm zustehenden Lohns vorenthalten wird. In den meisten Fällen bleibt so wenig übrig, dass man trotz Arbeit gezwungen ist, beim Amt betteln zu gehen, um sich und seiner Familie das gesetzlich garantierte menschenwürdige Dasein zu ermöglichen.
Wobei sich hier gerade die Frage auftut, was an dieser Vorgehensweise noch menschenwürdig ist.
Die einen buckeln sich krumm - und andere sitzen mit ihren fetten Ärschen in irgendwelchen Büros, machen einen auf dicke Hose und sind letztendlich die größten zur Zeit freilebenden Ausbeuter unserer Gesellschaft. Leider werden sie auch noch vom Staat gefördert, da man mit ihrer Hilfe die Arbeitslosenstatistiken so wunderherrlich beschönigen kann.

Arbeit soll sich lohnen postulierte dereinst ein namhafter FDP-Politiker, nachdem er im Satz zuvor noch alle Hartz-IV-Empfänger als faule Schweine und Parasiten bezeichnet hatte (naja, er hat's mit wohlfeinen Worten gesagt, aber genau das gemeint), und der seitdem nicht nur alle gesetzlichen Versuche zur Einführung eines Mindestlohnes torpediert, sondern sich auch noch erdreistet zu behaupten, dass hier eine Untergrenze von um die 7 Euro vollkommen ausreichend sei. 

Ich frage mich immer wieder in welcher Welt diese vollgefressenen Politiksäcke wohl leben - ganz sicher nicht in der meinen oder der von vielen Millionen anderen Menschen in diesem Land.

Vielleicht wird es mal Zeit für einen richtigen Sklavenaufstand und danach kommen alle die klugscheißenden Politiker mal für einige Monate in die Leiharbeit oder noch besser gleich als Rudersklaven auf eine Galeere - immer den Rhein rauf und runter, ohne Unterlass, bis denen ihre Unverfrorenheit aus allen Poren läuft...

Ach ja, wieder einmal ganz schön ausgeschweift, der Wolf, der alte Meckerfritze...

Und so sitze ich da mit der Wahl zwischen Pest und Cholera und hab mir fest vorgenommen, mich nicht versklaven zu lassen. Ich hab mehrere Jahrzehnte mein Scherflein in die Staatsbeutel hinzugefügt und werde mich jetzt nicht verarschen lassen, von Leuten, die mein sauer verdientes Geld weltweit zum Fenster rausschmeißen, den großen Wohltäter spielen und ihre eigenen Bürger am liebsten verrecken lassen würden...

Entweder ich bekomme Arbeit und eine Entlohnung, von der ich meine Familie und mich, ernähren kann (will ja gar keinen Luxus...) oder ich lehne mich zurück ins soziale Netz, wie es viele andere in diesem Land tun, die noch nie im Leben einen Finger krummgemacht haben oder die gar aus dem Ausland hierher gelockt wurden, mit dem Versprechen, hier fließe Milch und Honig im Überfluss und UMSONST...

Oder als Alternative kann ich mich ja auch einfach in die Ecke setzen und verrecken, dass wäre wohl den meisten am liebsten....

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